Kaiser Wilhelm II. König von Preußen.
Das erste was Kaiser Wilhelm II. nach Antritt seiner Regentschaft tat, war es, ein Dokument Friedrich Wilhelm IV., das die Aufhebung der Verfassung bei sich bietender Gelegenheit verlangte, zu zerreißen. Das letzte, was Kaiser Wilhelm II. verfügte, war die Aufhebung des Dreiklassenwahlrechtes in Preußen und die Beschränkung der Funktion des Kaisers auf repräsentative Funktionen.
In den 30 Jahren seiner Regentschaft entwickelte sich das Deutsche Reich zur Weltmacht. Das Deutsche Reich bot vielen widerstreitenden Parteien und Interessenverbänden einen Raum. Niemand stand über oder außerhalb des Rechts. Es herrschte Koalitionsfreiheit. Konsum- und Produktionsgenossenschaften entstanden. Über 3500 voneinander unabhängige Zeitungen stritten über die Aufmerksamkeit der Leser.
Sozialisten, Monarchisten und Liberale kämpften um die Gunst der Wähler. Der Landadel stemmte sich gegen seinen Untergang, die Industrie forderte die Erschließung neuer Märkte. Kaiser, Regierung, Industrie, Finanzkapital und Handel rangen um die Macht im Staate.
Kaiser Wilhelm II. vermochte durch seine Sozialgesetzgebung, durch seine Orientreisen, die Ausrichtung des Flottenbaus und die Bildungsreform wichtige Akzente zu setzen, wurde aber durch die Eulenburg und ähnlicher Affären kalt gestellt.
Mangelnde Aufklärung, ein von Eitelkeiten und Partikularinteressen beseeltes diplomatisches Korps sowie ein von den jeweiligen Reichskanzlern dominiertes Außenministerium waren für die internationale Isolation, in die das Deutsche Reich hineinmanövriert wurde, verantwortlich.
Vier Jahre lang rang das Deutsche Reich um seine nationale Unabhängigkeit, um sie 1918 auf die vage Hoffnung eines vom US-amerikanischen Präsidenten Wilson versprochenen „gerechten Friedens“ hin, aufzugeben.