g-schichten.de
G-SCHICHTEN.DE

Tirol 1809 – Ohne Majestät.

Tirol wird Südbayern.

Napoleon besetzt im 3. Koalitionskrieg Tirol. Bayern hatte sich auf die Seite der Franzosen gestellt und erhält im Frieden von Pressburg (26. Dezember 1805) Tirol und Vorarlberg.

1806 beginnt der bayrische Minister Montgelas, ein Verfechter des Staatsabsolutismus, das neu geschaffene Königreich zu strukturieren. Montgelas will einen einheitlichen, existenzfähigen Staat schaffen. Alte Privilegien von Adel, Kirche und Kommunen werden eingeebnet.

Die Religionsfreiheit, die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz, die Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung sowie das Recht auf eine freie politische Meinungsäußerung wurden gesetzlich fixiert. Ein neues Strafgesetzbuch trat in Kraft, das Schulwesen wurde reformiert und die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Die Erblichkeit und Käuflichkeit von Ämtern wurde abgeschafft. Die Bischöfe von Brixen und Trient verloren ihre Sonderrechte, eine Kirchenpolizei überwachte die Predigten der Priester, Klöster wurden aufgehoben und ihr Vermögen eingezogen.

Für das durch Österreich und katholische Kirche im Mittelalter gehaltene Tirol ging eine Welt unter.

Bereits 1806 kam es in Wien zu einem Treffen einer Abordnung aus Tirol mit Josef Freiherr von Hormayr, einem Vertrauten des Erzherzogs Johann. Vom Churer Bischof Buol ermuntert blieben Tiroler Honoratioren in ständigem Kontakt mit Wien. Von Bedeutung war der Kontakt zu den Schützenvereinen, was auf der Hand liegt, aber auch zu den Tiroler Wirten (z.B. Peter Huber und Andreas Hofer) aufgrund ihrer Nähe zur Bevölkerung und als Informationslieferanten für das von Österreich ausgelegte Spionagenetz.

Krieg kostet Geld und Menschenleben. Beides mußte Bayern Napoleon zum Opfer bringen, was das aus seinen traditionellen Wirtschaftsstrukturen und -modellen herausgerissene, verarmende Südbayern (Tirol) besonders traf.

Als Österreich 1809 erneut gegen Napoleon zu Felde zieht, versuchte es die Tiroler zum Aufstand zu bewegen, doch die jahrhundertelange Indoktrination durch die Kaiser aus Wien im Gleichklang mit der katholischen Kirche blieb nicht ohne Folgen. Ein Tiroler begehrt gegen seinen Herrn nicht auf, selbst wenn der aus Bayern kommt. Diesem moralischen Konflikt begegnete Österreich, indem es auf einem Zettel Papier die Herrschaft über Tirol reklamierte und den Tirolern versprach, sie bis zum letzten Mann zu verteidigen.

Nun fochten die Tiroler gegen Bayern und Franzosen und mit an forderster Front ein Vertreter des Friedensfürsten und der Mastermind des Andreas Hofer, Kapuzinermöch Joachim Haspinger. Von Österreich brach ein Teil des VIII. Armeekorps unter Feldmarschalleutnant Johann Gabriel Marquis Chasteler de Courcells zur Unterstützung der Aufständischen in Tirol auf… und erreichte Innsbruck – kurz nachdem es von den Rebellen besetzt worden war.

Hormayr traf ein und begann die bayrischen Beamtenschaft zu verfolgen, zu inhaftieren und zu deportieren, um die österreichische Herrschaft wieder herzustellen. Ihm zur Seite Andreas Hofer als Braut des österreichischen Bräutigams, bzw. als das tiroler Feigenblatt der österreichischen Herrschaft.

Nach der Schlacht von Austerlitz wurde der Bräutigam Österreich zur Braut Napoleons.

Hormayr ging und Andreas Hofer mußte an seiner statt das Land regieren. Jetzt hätten die Rebellen sagen können: „wir wurden von Österreich belogen und im Stich gelassen. Diese Lehre war uns das Leben tausender Mitmenschen wert. Jetzt sind wir klug und schließen gleich Österreich Frieden.“ Haspinger war dagegen und Hofer selbst ließ später, die von ihm in einer schwachen Stunde entsandte Friedensdelegation, erschießen. Diese kleine Sünde zählte aber nichts gegen die Verfehlungen der verworfenen Frauenzimmer Innsbrucks, ihre Unterarme zu entblößen. Auch rechtfertigten die Rebellen ein Pogrom gegen die Juden in Innsbruck, indem sie ihnen Vorwarfen, christliche Devotionalien rechtmäßig erworben zu haben. Ehrlicher wäre gewesen, sie hätten gesagt: „wir verprügeln euch, weil wir euer Geld haben wollen“, was dem friedlichen Miteinander der Religionen gedient haben dürfte.

Franzosen und Bayern warfen die erschöpften, von Auflösungserscheinungen geschwächten Rebellen aus der Stadt und jagten die Überreste ihrer Verbände auseinander.

Napoleon spielte mit dem Gedanken Tirol der Schweiz anzugliedern aber Metternich überzeugte ihn den status quo vertraglich beizubehalten und vermochte eine Amnestie zugunsten der Tiroler Aufständischen für den Fall auszuhandeln, daß sie die herrschenden Machtverhältnisse anerkannten, von jeden weiteren Kampfhandlungen abließen und ihre Waffen bei der bayrischen Regierung ablieferten.

Das taten viele, nicht aber Joachim Haspinger und Andreas Hofer. Hofer wurde verhaftet und am 20. Februar 1810 erschossen. Haspinger floh und starb außerhalb Tirols, hochbetagt 1858 in seiner Wahlheimat Salzburg.

Quellen:

Fritz, Michael / Fallmann, Rudolf, Die Kampfhandlungen der Jahre 1797 bis 1810 auf www.geschichte-tirol.com aufgerufen am 21.7.2019
Neumüller, Robert, Andreas Hofer auf ARTE am 20.7.2019
Eklkofer, Volker / Zametzer, Michael, Der große Schritt nach vorne, in Bayern 2 radioWissen vom 27.04.2015
Stark, Florian, Andreas Hofer: Wie die Tiroler die Bayern das Fürchten lehrten auf www.welt.de aufgerufen am 21.7.2019

G-SCHICHTEN.DE