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Sedan 1870.

Preußen in der Flaute.

Nach dem gewonnenen Krieg gegen Österreich verschlechterte sich die Stellung Preußens in Europa und Deutschland. Eine Allianz Österreichs mit Frankreich konnte nicht ausgeschlossen werden. Die süddeutschen Staaten übten sich im Partikularismus und die 1868 stattgefundenen Wahlen zum Zollparlament stärkten das regierungsfeindliche Lager.

Im selben Jahr wurde die spanische Königin Isabella II. gestürzt. Die Interimsregierung ging sogleich daran, einen Kandidaten für die spanische Königswürde zu suchen.

Anfragen ergingen zunächst an geeignete Fürsten aus Portugal und Italien. Der portugisische Titularkönig lehnte ab. Damit rückte dessen Schwiegersohn Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen in den Kreis der möglichen Kandidaten auf. Auch das, in Italien regierende, Haus Savoyen lehnte eine Kandidatur für den span. Thron ab [ 1].

Schließlich trug die spanische Interimsregierung Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen die spanische Krone an. Dessen Vater Fürst Karl Anton von Sigmaringen, Oberhaupt der Familie, hielt es aber für zu kostspielig verarmten Ländern die Fürsten zu liefern [ 2].

Gegen Volk und Kaiser.

Der franz. Kaiser Napoleon III. wies seinen Außenminister, den Herzog von Gramont an, die Kandidatur Leopolds ggf. zu verhindern. Gramont tat zwei Jahre lang nichts [ 3]. Nun jedoch verbreitete die franz. Presse das Hirngespinst Bismarck wäre für den Sturz Isabellas verantwortlich und plane den frei gewordenen Thron mit einem Hohenzollern zu besetzen.

Kaiser Napoleon III., um dessen Gesundheit es schlecht bestellt war, quälten andere Sorgen, als die, anläßlich der spanischen Thronbesteigung einen Krieg vom Zaun zu brechen [ 4].
Er (wie auch die Kaiserin) war vor allem darum bemüht, die Dynastie dadurch zu sichern, indem Frankreich in eine konstitutionellen Monarchie verwandelt werden sollte. Die Beliebtheit des Kaisers dokumentiert die in diesem Zusammenhang durchgeführte Volksabstimmung.

Während des Übergangsprozesses, der Kaiser trat – ans Krankenlager gefesselt – polit. kaum in Erscheinung, gewannen reaktionäre parlamentarische Minderheiten an Einfluß. Frankreich schien gespalten

Im Vatikan war der von allen guten Geistern verlassene Pius IX. dem Größenwahn verfallen und unterwarf sich die Fürsten dieser Welt, indem er seine Unfehlbarkeit verkündete und sich als Stellvertreter Gottes auf Erden über jeden Kaiser und König erhob. Mithilfe der Jesuiten versuchte der Papst seine weltliche Macht in den einzelnen Staaten zu etablieren.
In Preußen hatte seinerzeit Friedrich Wilhelm IV. dem Papst Tür und Tor geöffnet, ab 1848 wehte, Dank König Wilhelm von Preußen und Otto von Bismarck, zum Mißfallen des Papstes, ein anderer Wind.

In Frankreich wurde Napoleon, durch die von Arkadiern und Jesuiten gemeinsam betriebenen Haß-Kampagne gegen Preußen, genötigt, seine auf einen Ausgleich mit Preußen angelegte Politik, aufzugeben. Selbst nach dem Krieg 1870/71 behielt die französische klerikale Partei ihre blutige Politik bei und zettelte April 1872 einen Auftand in Spanien an den „beschränkten und ausschweifenden“ Herzog von Madrid als Karl VII. auf den Thron Spaniens zu hieven. Ziel war die Wiederherstellung einer absolutistischen Monarchie in Spanien wie in Frankreich [ 5]. Den Spaniern selbst gefiel das nicht.

Um einen Kandidaten zu finden die spanische Königswürde anzutragen, erging im Frühling 1869 die erste Anfrage an das Haus Hohenzollern. Unter Einbeziehung Bismarcks wurde über die spanische Thronfolge beraten und man gelangte zu dem Schluß, daß Leopolds Kandidatur zu begrüßen, die preußische Regierung aber in dieser Sache nicht Verhandlungspartner sei. Persönlich lehnte König Wilhelm von Preußen die Übernahme der spanischen Krone durch Leopold ab [ 6]. Bismarck schwieg und zog sein in Frankreich angelegtes Kapital ab [ 7].

Ohne die preußische Regierung davon in Kenntnis zu setzen unternahmen die Spanier einen vierten Versuch Leopold für die Kandidatur um die span. Krone zu gewinnen. Dieses Mal hatten sie Erfolg.

Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen war der Sohn von Karl Anton Fürst zu Hohenzollern-Sigmaringen und der Josephine von Baden. Josephine von Baden war die Tochter von Karl Ludwig Friedrich von Baden und der Gräfin Stéphanie Louise de Beauharnais. Stéphanie de Beauharnais war die Adoptivtochter Napoleons I. Napoleon III. war der Sohn von Louis Bonaparte und Hortense de Beauharnais.

Karl Anton Fürst zu Hohenzollern-Sigmaringen war der Sohn von Karl Fürst zu Hohenzollern-Sigmaringen und der Prinzessin Antoinette Murat, einer Nichte Napoleons I. Napoleon Bonapartes Schwager, Joachim Murat Marschall von Frankreich, Großherzog von Berg und König von Neapel hatte Antoinette als Mündel angenommen.

Gramont zieht Preußen in den Konflikt.

Am 3. Juli wies Gramont den frz. Geschäftsträger in Berlin Le Sourd an, die preußische Regierung über die Kandidatur Leopolds zu befragen [ 8]. Gleichzeitig tritt er in Frankreich eine Pressekampagne los. Ihr Motto: Frankreich respektiere die spanische Entscheidung für Leopold, werde aber gegen Preußen vorgehen, um Leopolds Verzicht zu erzwingen.
In Vertretung Bismarcks antwortete Herr von Thile Le Sourd: Die preußische Regierung habe von der Affaire keinerlei Kenntnis und vermag deshalb nichts über den Stand etwaiger Verhandlungen zu sagen [ 9].

In der franz. Presse wurde behauptet…[10]

Bereits 600 Jahre zuvor spaltete sich das Haus Zollern (Hohenzollern) in eine fränkische Linie, die zunächst in der brandenburgischen, dann in der preußischen Linie ihre Fortsetzung fand, sowie in eine schwäbische (die Sigmaringer) Linie auf. Es stellt sich die Frage, ob der Großneffe Napoleon I., nämlich Leopold von Hohenzollern, zum franz. Kaiser Napoleon III. in einem engeren Verhältnis stand, als zum preuß. König Wilhelm [11]?

Gramont hatte sich die Rechtfertigung eines Krieges geschaffen und erklärte am 7. Juli in geheuchelter Unschuld dem englischen Botschafter Lord Lyons: »wir können der öffentlichen Meinung nicht trotzen… die Thronbesteigung des Prinzen Leopold wäre der Krieg [12]«

Der Pays vom 8. Juli 1870 schrieb: »Das kaudische Joch ist bereit für die Preußen, sie werden sich darunter beugen, und zwar ohne Kampf besiegt und entwaffnet, wenn sie es nicht wagen, einen Kampf aufzunehmen, dessen Ausfall nicht zweifelhaft ist. Unser Kriegsgeschrei ist bis jetzt ohne Antwort geblieben. Die Echos des deutschen Rheines sind noch stumm. Hätte uns Preußen die Sprache gesprochen, die Frankreich redet, so wären wir längst schon unterwegs [13]

Am 8. Juli 1870 informiert der Bankier Bleichröder Bismarck über einen Brief des franz. Rothschilds, der Frankreichs Entschlossenheit betonte, einen Krieg gegen Preußen zu führen, falls Leopold seine Zusage nicht widerrufe. England, Österreich und Italien würden die französische Politik unterstützen [14].
Rothschild schrieb nicht, daß England einen Krieg gegen Preußen mißbilligte und der Kaiser von Österreich seinen deutschen Untertanen einen Krieg gegen die anderen Deutschen nicht zumuten könne.

Die Emser Depesche.

Der König von Preußen weilte derweil in Ems zur Kur. Am 9. Juli empfing er den franz. Gesandten Graf Benedetti, der ihm das Verlangen der französischen Regierung übermittelte, die Entscheidung des Prinzen von Hohenzollern zu mißbilligen und ihm zu befehlen seine Entscheidung zu widerrufen. Der König antwortete, weder die Annahme der Krone befohlen zu haben, noch werde er einen Befehl erteilen sie abzulehnen.

An 11. Juli wiederholte Benedetti die französische Forderung. Die Antwort Wilhelms blieb die gleiche.

Am 12. Juli 1870 erging eine Depesche des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen in der er im Namen seines Sohnes Leopold den spanischen Antrag ablehnte [15]. Der Frieden war gerettet, die preuß. Generäle Moltke und Roon schäumten und Bismarck dachte an Rücktritt.

Gramont und Ollivier schreckten nicht davor zurück, den preußischen König Wilhelm zu nötigen, in einer Erklärung an den Kaiser zu bestätigen, den Prinzen zur Annahme der Krone ermächtigt zu haben. Ihre ministerielle Stellung hinge davon ab [16]. Es versteht sich von selbst, daß der König von Preußen darauf nicht einging.

Am Abend des 12. Juli erreichte Graf Benedetti ein Telegramm der franz. Regierung, es sei notwendig, daß der preußische König versichere niemals mehr eine erneute Kandidatur Leopolds zu autorisieren.
Man nötigte Wilhelm ein weiteres Mal zu bestätigen, Leopold zur Annahme der Kandidatur ermächtigt zu haben. Wilhelm verwies den um Audienz bittenden Benedetti an das Auswärtige Amt.

Abeken setzte Bismarck von der Entscheidung des Königs telegrafisch in Kenntnis. Bismarck redigierte dies Telegramm bevor er es an die Presse weitergab.

»Seine Majestät der König hat darauf abgelehnt, den französischen Botschafter nochmals zu empfangen, und demselben durch den Adjudanten vom Dienst sagen lassen, daß Seine Majestät dem Botschafter nichts weiter mitzuteilen hat [17]

Der Text wurde am 13. Juli in der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung veröffentlicht.

Am 14. Juli reiste Graf Benedetti nach Paris zurück. König Wilhelm verabschiedete ihn persönlich am Bahnhof. Der Befehl zur Einberufung der französischen Reserven datierte auf den 14. Juli 3 Uhr Nachmittags und erging am 15. Juli 1870 [18]. Der Senat erklärte Preußen den Krieg, bevor die französische Armee einsatzbereit war.

Kriegsbeginn.

Kaiser Napoleon III. versuchte – sich an Rußland mit der Bitte um Vermittlung wendend – den Krieg zu vermeiden. Doch Rußland ignorierte seine Bemühungen. Der Kaiser konnte die Anordnung der Mobilmachung lediglich um ein paar Tage verzögern. Sie erging am 19. Juli 1870 [19].

König Wilhelm von Preußen erklärte:

»Wir haben mit klarem Blicke die Verantwortlichkeit ermessen, welche vor den Gerichten Gottes und der Menschen den trifft, der zwei große und friedliebende Völker im Herzen Europas zu verheerenden Kriegen treibt. Das deutsche, wie das französische Volk, beide die Segnungen christlicher Gesittung und steigenden Wohlstandes gleichmäßig begehrend und genießend, sind zu einem heilsameren Wettkampfe berufen, als zu dem blutigen der Waffen [20]

Graf Bismarck sah das anders: Seine auf nationale Einigung angelegte Politik steckte in einer Flaute. Die 1870 betriebenen Sondierungen, den preuß. König zum Deutschen Kaiser küren zu lassen blieben ohne Erfolg.
Wenige Jahre zuvor hatte der Sieg über Österreich die süddeutschen Staaten bewogen, ihre Existenz an Preußens und nicht Österreichs Macht zu binden. Dies Vertrauen auf Preußens Stärke sah Bismarck bedroht, wenn er jetzt dem Krieg mit Frankreich aus dem Wege ginge [21].

Der bayrische König Ludwig II. kam nach einer Unterredung mit Kriegsminister von Pranckh und Außenminister Bray zu dem Schluß, daß ein neutrales Bayern bei einem französischen Sieg nichts zu gewinnen habe, beim Sieg des Norddeutsche Bundes aber als Feind der deutschen Einigungsbestrebungen Konsequenzen zu erwarten habe; als Alliierter des Norddeutsche Bundes würde es im Fall eines französischen Sieges nichts befürchten müssen, da Frankreich in Süddeutschland einen Gegenspieler Preußens sah, den zu schwächen nicht in seinem Interesse lag. Andererseits: Bei einem Sieg des Norddeutschen Bundes würde Bayern den Lohn für seine Treue einzufordern wissen [22].

Nachdem sich Bayern an die Seite Preußens gestellt hatte, folgten  die anderen süddeutschen Staaten seinem Beispiel.
England dachte nicht daran den Franzosen beizustehen und so blieb der Aggressor Frankreich zunächst – mit Ausnahme Dänemarks – ohne internationale Unterstützung [23].

In seiner Proklamation vom 28.7. stellte Kaiser Napoleon III. Frankreich auf einen langen und mühevollen Krieg ein, was zwar richtig war, aber niemanden beeindruckte. Er bezog sein Hauptquartier in Metz. Kriegsminister Marschall Le Boeuf wurde zum Chef des Generalstabes ernannt. Die sog. Rheinarmee bestand aus der kaiserlichen Garde und 7 Korps [24].

Am 2. Aug. greift das 2. Korps Frossard die 1300 Mann starke Besatzung Saarbrückens an. Nach dreistündigem Gefecht ziehen sich die Preußen auf die andere Saarseite nach St. Johann zurück. Die Franzosen kampieren in der Nähe Saarbrückens.
König Wilhelm bezieht am selben Tag sein Hauptquartier in Mainz. Prinz Friedrich Karl in Kaiserslautern.

Der Norddeutsche Bund operiert mit drei Armeen

1. von Koblenz aus, links der Mosel, im Bogen auf Saarbrücken zu
2. von Mainz aus, rechts der Mosel, ebenfalls auf Saarbrücken zu und
3. von Kaiserslautern aus, zunächst in Richtung Süden, um sich dann in zwei Gruppen aufzuteilen, um zu einen
a.) weiter nach Süden Straßburg, Belfort vorzurücken, und zum anderen
b.) nach Westen zu schwenken, um den nördlich stehenden Franzosen, den Rückweg zu verbauen.

Die III. Armee stößt am 4.8. bei Weißenburg auf Douays Division. Nach mehrstündigem Kampf müssen sich die Franzosen zurückziehen.

Am 6.8. greift die Armee Friedrich Karls Mac-Mahons Korps bei Wörth an. Mac-Mahon muß sich nach Nancy zurückziehen. Nachdem die I. u. II. Armee bis Saarbrücken vorgerückt waren wird am 6.8. Frossard wenige Kilometer südl. Saarbrückens bei Spicheren in einer blutigen Schlacht geschlagen [25].

Am 12.8. befand sich die Division Beyer der III. Armee bei Straßburg, das Gros der III. Armee stand vor Nancy, die II. Armee bei Pont-a-Mousson. Die Reiterei der I. Armee stand kurz vor Metz. Die Berliner Kreuzzeitung veröffentlicht folgedes Gedicht:

Zeitgenössisches Gedicht

Nach den verlorenen Schlachten der ersten Tage trafen in Paris Meldungen ein, die von glorreichen Siegen der Franzosen erzählten. Prinz Friedrich Karls Armee sei geschlagen, er selbst gefangen genommen. Nachdem an der Börse die Spekulanten ihre Gewinne eingestrichen hatten, war es Zeit, die Niederlagen einzugestehen. Das Volk tobte:

»Nieder mit den Dieben an der Nation -
nieder mit den Börsenspekulanten!«

und hätte die verhaßte Börse gestürmt [26], wenn es nicht vom Militär daran gehindert worden wäre. Die Regierung tritt zurück. Nicht Thiers oder Jules Favre, die sich seinerzeit gegen einen Krieg ausgesprochen hatten [27] ernannte die franz. Kaiserin am 10. Aug. zum Präsidenten der neuen Regierung sondern den General Montauban, Graf von Palikao, [28]. Pelikao hatte sich als Leiter des franz. Expeditionskorps zur Unterstützung des brit. Opiumkrieges seinen üblen Ruf redlich erworben, nachdem er sein Vermögen durch die Plünderung der Sommerresidenz des Kaisers von China erheblich vermehren konnte.

Kaiser Napoleon III. gab den Oberbefehl über die Armee an Marschall Bazaine ab. Vorerst bewahrte er damit Frankreich vor einem Bürgerkrieg und erhielt der Armee ihren Handlungsspielraum, gleichwohl er wußte, daß ihm dieser Dienst an seinem Land nicht vergolten werden würde [29].

Bazaine beabsichtigte die Truppen hinter die Maas zurückzunehmen um die Reste von Mac-Mahons Armee mit den einst für die Marine vorgesehenen Landungstruppen, den Resten des 7. Korps und der einstigen Besatzungstruppen Roms zu einem neuen Hilfsheer zusammenstellen zu können.
Am 14.8. trafen die abrückenden franz. Korps (Garde, 3. u. 4. Korps) auf die östl. vor Metz stehende I. Armee. Die sich entwickelnde Schlacht von Colombey-Nouilly verzögerte Mac-Mahons Abmarsch um zwei Tage und gab der südl. von Metz stehenden II. Armee die Möglichkeit die Mosel zu überschreiten.

Am 16.8. hatte Bazaine sein 170000 Mann umfassendes Heer (Garde, 3. u. 4. Korps sowie Teile des 6. Korps) auf die linke Seite der Mosel gezogen um nach Verdun zurückzugehen.
Am Abend des 15.8. ging das 3. Korps (Alvensleben II.) der II. deutschen Armee ebenfalls über die Mosel und traf am 16.8. auf Bazaines Armee. General von Alvensleben befahl die überraschten doch weit überlegenen Franzosen anzugreifen. Nach fünfstündigem Gefecht kam Friedrich Karl, mit dem 10. Korps seiner Armee, zu Hilfe. Es kam zu einer großartigen Reiterschlacht an der auf beiden Seiten 5000 Reiter teilnahmen. Als abends Teile des 8. u. 9. Korps der II. Armee eintrafen, war die Schlacht von Vionville-Mars-la-Tour entschieden.

Die Franzosen zogen sich bis Metz zurück und verstärkten die Befestigungen der Stadt. Da am 17. ein franz. Angriff ausblieb entschied der preuß. König die komplette II. Armee auf das linke Moselufer vorrücken zu lassen. Am 18. kam es vor Metz zur Schlacht von Gravelotte-St. Privat.

Bei St. Privat zeichnete sich das 1. Garderegiment zu Fuß in besonderer Weise aus. Vereint mit dem 3. Garderegiment bildete es die 1. Garde-Infanterie-Brigade die als Bestandteil der 1. Garde-Division dem Gardekorps angehörte. Nachdem das Regiment den Ort Sainte-Marie-aux-Chênes eingenommen hatte wurde es zum Angriff auf das stark befestigte Dorf St. Privat la Montage eingesetzt. Hierzu mußte es ohne jede Deckung, einen sich über zwei Kilometer hinziehenden Hang hinaufgehen. Die Reichweite der französischen Chassepotgewehre betrug 1200 m die des preußischen Zündnadelgewehres 600 m. Artillerie- und Gewehrfeuer der Franzosen treffen das Garderegiment empfindlich. Der Angriff dauerte zwei Stunden. Nach dem Eingreifen des sächsischen XII. Armeekorps gelang es, das die Hochebene kontrollierende, St. Privat la Montage zu nehmen.

Knapp 50% der Mannschaften des preußischen Garderegiments waren tot oder verwundet. Von den 56 Offizieren blieben lediglich 19 unversehrt. 16 Offiziere starben. Auch der Regimentskommandeur Oberst von Roeder findet den Tod [30].

Infolge wurden die Franzosen in Metz von der I. und Teilen der II. Armee eingeschlossen.

Die Garde, das 4. und 12. Korps der II. Armee bildeten von nun ab den Kern der von Kronprinz Albert von Sachsen befehligte IV. (Maas-) Armee. Gemeinsam mit der III. Armee sollte die Maas-Armee gegen die bei Châlons lagernde Feldarmee Mac-Mahons und Aufenthaltsort Napoleons operieren. Bevor die deutschen Armeen Châlons erreichen konnten erhielt man Nachricht aus London, daß Mac-Mahons Armee aufgebrochen sei, um Metz zu entsetzen.

Mit 135 000 Mann zog Mac-Mahon nach Norden, um im Schutz der, an der belg. Grenze liegenden, Befestigungen, dem belagerten Metz zu Hilfe zu kommen.

Am 28. Aug. erreichte Mac-Mahon Vouziers ließ die Hauptmacht nach Beaumont abmarschieren und eine Nebenkolonne nach Stenay abrücken. Letztere wurde von einer Vorhut des 12. sächs. Korps in ein Gefecht verwickelt in dessen Verlauf ein franz. Generalstabsoffizier gefangen werden konnte. Bei ihm fand sich der Befehl über das geplante Vorgehen seines Korps [31].

Die Schlacht bei Sedan.

Am 30. Aug. wurde das ungesicherte Lager des 5. frz. Korps (Failly) von einer vorrückenden deutschen Kolonne überrascht, zurückgeworfen und verfolgt.
Die deutschen Armeen erstürmten in heftigen Gefechten die Höhen bei Beaumont und drängten Mac-Mahons Armee zum Rückzug nach Carignan und am folgenden Tag weiter nach Sedan. Dort wurde sie am 31. Aug. von den deutschen Armeen eingeschlossen.

Die Schlacht bei Sedan begann am 1. Sept. zunächst auf einer Linie von Bazeilles bis Givonne. Von Westen her griff die III. Armee den linken Flügel der Franzosen an. Mac-Mahon wurde schon zu Beginn der Gefechte verletzt und das Kommando über die frz. Armee wanderte von ihm zu Ducrot und weiter zu General von Wimpffen. Mit 500 Geschützen wurde Sedan von allen Seiten unter Feuer genommen.
Es war eine Frage der Zeit bis die Franzosen kapitulieren würden und da die Festung nicht verproviantiert war, ließ Napoleon III. am 2. Sept. die weiße Fahne aufziehen. Seine Adjutant General Reille überbrachte König Wilhelm ein Schreiben des Kaisers [32]:

»Mein Herr Bruder! Da es mir nicht gelungen ist, den Tod inmitten meiner Truppen zu finden, bleibt mir nichts mehr übrig, als meinen Degen in die Hände Eurer Majestät zu legen. Ich bin Eurer Majestät guter Bruder Napoleon.«

Napoleon bevollmächtigte General Wimpffen mit General Moltke über die Kapitulation zu verhandeln. Dem Kaiser wurde vom preuß. König Schloß Wilhelmshöhe in Kassel (vormals Sitz des Königs von Westphalen: Jérôme Bonaparte) als Residenz zugewiesen.

Nach dem Sieg der deutschen Einheiten bei Sedan wurde Napoleon III. gestürzt und von der neuen Regierung für den Ausbruch des Krieges verantwortlich gemacht, um ihre Ausgangsposition bei den gleichzeitig angebotenen Friedensverhandlungen zu verbessern [33].

Gramont und Ollivier hatten den Krieg beschlossen, um den Sturz ihrer Regierung zu verhindern und der geschwächte französische Kaiser hatte sich in der Hoffnung, so den Fortbestand seiner Dynastie sichern zu können, von ihnen abhängig gemacht [34]. In den überaus blutigen Schlachten, eines überstürzten und französischererseits schlecht vorbereiteten Krieges, verloren wieder einmal tausende Soldaten das Leben.
Wessen Lied die Toten sangen, bleibt vergessen. Die Hoffnung der Krieg wäre mit Napoleons Kapitulation beendet trog. Das Sterben sollte weitergehen. Am 4. Sept. wurde die Regierung Palikao gestürzt. Palikao und die Kaiserin flohen nach England.

Quellen:
[ 1] Sybel, Heinrich von, Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band, Paderborn 2012, S. 176f
[ 2] Stern, Fritz, Gold und Eisen, München 2008, S. 191
[ 3]Sybel, Heinrich von, a.a.O., S. 195
[ 4] Augstein, Rudolf, »…HIER LIEGT BISMARCK IRGENDWO« in DER SPIEGEL 42/1997 vom 3.10.1997
[ 5] Egelhaaf, Gottlob, Geschichte der neuesten Zeit, Stuttgart 1913, S. 98
[ 6] Sybel, Heinrich von, a.a.O., S. 194
[ 7] Stern, Fritz, a.a.O., S. 192
[ 8] Sybel, Heinrich von, a.a.O., S. 196
[ 9] Sybel, Heinrich von, a.a.O., S. 198f
[10] Sybel, Heinrich von, a.a.O., S. 208
[11] Illustrierte Geschichte des Krieges vom Jahre 1870 und 1871, Stuttgart 1872, S. 17
[12] Sybel, Heinrich von, a.a.O., S. 207
[13] zitiert nach Großer Generalstab (Hrsg.) Der deutsch-französische Krieg 1870-71. Erster Theil, Berlin 1873, S. 7
[14] Stern, Fritz, a.a.O., S. 193
[15] Gall, Lothar, Bismarck, Berlin 2008, S. 301
[16] Großer Generalstab (Hrsg.) er deutsch-französische Krieg 1870-71., a.a.O., S. 8
[17] Sybel, Heinrich von, Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band, Paderborn 2012, S. 195
[18] Großer Generalstab (Hrsg.) Der deutsch-französische Krieg 1870-71. Erster Theil, Berlin 1873, S. 9
[19] Großer Generalstab (Hrsg.) a.a.O., S. 11
[20] ebd. S. 52
[21] Bismarck, Otto von, Gedanken und Erinnerungen Band II, S. 345
[22] Haus der Bayerischen Geschichte, Der deutsch-französische Krieg 1870/71, die Reichsgründung und Bayern
im Kaiserreich auf www.hdbg.eu Stand 16.09.2018
[23] Gall, Lothar, a.a.O., S. 302
[24] Großer Generalstab (Hrsg.) Der deutsch-französische Krieg 1870-71., a.a.O., S. 32
[25] Illustrierte Geschichte des Krieges vom Jahre 1870 und 1871, a.a.O., S. 123
[26] Großer Generalstab (Hrsg.) a.a.O., S. 190
[27] ebd. S. 46
[28] ebd. S. 191
[29] ebd. S. 193
[30] Mückler, Jörg, Das 1. Garde-Regiment zu Fuß – Preußens Beste, in Militär & Geschichte 5/20, S. 67ff
[31] Schlachtenabfolge nach F. A. Brockhaus: Deutsch-Französischer Krieg von 1870 bis 1871, Leipzig, Berlin, Wien, 1896
[32] Hiltl, Georg, Der französische Krieg von 1870 und 1871, Bielefeld, Leipzig 1888, S. 386
[33] Gall, Lothar, a.a.O., S. 505
[34] Sybel, Heinrich von, a.a.O., S. 252f