Die konservative Regierung in Dänemark ließ eine Verfassung ausarbeiten, die Schleswig-Holstein pro forma ungeteilt erhalten und Holstein und Lauenburg im Verband des Deutschen Bundes belassen sollte. Andererseits verhinderte sie nicht, daß man alles tat, Schleswig und Holstein einander zu entfremden. Besonders in Schleswig begann die dänische Regierung gegen die deutsche Bevölkerungsgruppe vorzugehen. Die deutsche Sprache und die Pflege der deutschen Kultur wurde unterdrückt. Deutsche Pfarrer, Lehrer und Beamte wurden durch dänische ersetzt.
Am 2. Januar 1855 ließ die dänische Regierung ohne Anhörung der Provinzialstände die neue Verfassung in Kraft setzen.
Diese Verfassung sah einen Reichsrat vor, in den Schleswig, Holstein und Lauenburg einerseits sowie Dänemark ohne Schleswig andererseits, Vertreter entsenden sollten. Da Schleswig-Holstein-Lauenburg nur eine beratende Funktion zugebilligt wurde, beschwerte sich die holsteinische Ständeversammlung und forderte, daß die Gesamtverfassung den Ständen in Schleswig, Holstein und Lauenburg zur Beratung vorzulegen sei. Nachdem dies in barscher Weise abgelehnt wurde, wendete sich Lauenburg an den Deutschen Bund. Der erklärte am 11. Januar 1858 die Anwendung der dänischen Gesamtverfassung für Holstein und Lauenburg für ungültig und drohte mit Bundesexekution (d.h. militärischen Maßnahmen).
Die dänische Regierung lenkte ein und setzte die Gesamtverfassung am 6. November für Holstein und Lauenburg außer Wirksamkeit. Mit der Verabschiedung des Staatshaushaltes für das Jahr 1860/61 ohne Zustimmung der Stände verstieß die dänische Regierung gegen eine weitere Auflage des Bundesrates, der daraufhin am 7. Februar 1861 erneut mit der Exekution drohte [ 1].
Die konservative Regierung Dänemarks wurde von der nationalliberalen Regierung abgelöst [ 2]. Die Mitgliederzahl des Reichsrates in Kopenhagen wurde herabgesetzt, da Holstein und Lauenburg nicht mehr daran teilnähmen.
Am 30. März verkündete König Friedrich VII. von Dänemark das sog. März-Patent, nachdem eine neue Gesamtstaatsverfassung ohne Billigung der Stände der Herzogtümer erlassen werde, d.h. Schleswig würde dem dänischen Staat einverleibt [ 3]. Damit handelte er im Sinne des brit. Premierminister Lord Palmerstons.
Am 9. Juli forderte der Deutsche Bund Dänemark zur Rücknahme des Patentes auf. Doch Friedrich VII. inspizierte die neuen Verteidigungsanlagen und das dänische Parlament verabschiedete unbeeindruckt am 13.11.1863 die neue Verfassung. Damit verstieß es eindeutig gegen die Londoner Protokolle von 1852.
Am 15.11.1863 stirbt König Friedrich VII. Der neue dänische Herzog König Christian IX. weigerte sich zunächst die Verfassung zu unterzeichnen, eindringlich warnt er sogar vor dem drohenden Krieg, doch vergebens. Die Nationalliberalen wußten es besser, schüchterten den noch unerfahrenen Christian ein, der dem Druck nachgebend, die Novemberverfassung unterschrieb und ihr damit Rechtsgültigkeit verschuf. Der deutsche Bundestag entscheidet mit einer Stimme Mehrheit militärisch einzugreifen und entsendet ein 12000 Mann starkes Heer nach Holstein [ 4]. Vor dem Hintergrund heranrückender Bundestruppen, nimmt König Christian IX. am 6. Dez. das für Holstein erlassene Patent zurück [ 5].
Der Tod Friedrichs VII. gab dem nationalliberalen Prinzen Friedrich von Holstein-Augustenburg die Gelegenheit Anspruch auf die Herzogtümer Schleswig und Holstein zu erheben. Er hatte nie die Londoner Verträge anerkannt und vermutlich die drei Millionen Thaler, die sein Vater Christian von Holstein-Augustenburg für den Thronverzicht erhielt, nie gesehen [ 6].
Bismarck ärgerte sich über die nationalliberalen Aufstände generell und hier machte er keinen Unterschied zwischen Deutschen und Dänen: »… wir haben nicht nachhaltiger Kraft genug, um sie in falscher Front und für Phrasen und Augustenburg zu verpuffen. Sie überschätzen die ganze dänische Frage und lassen sich dadurch blenden, daß dieselbe das allgemeine Feldgeschrei der Demokratie geworden ist, die über das Sprachrohr von Presse und Vereinen disponirt und diese an sich mittelmäßige Frage zum Moussiren bringt[ 7].«
Otto von Bismarck dachte nach und suchte die Probleme so zu kombinieren, wonach sie sich gegenseitig aufhoben [ 8].
Die Probleme mit dem preußischen Landtag eskalierten. Ein außenpolitischer Erfolg, mochte er auch der langfristig angedachten Politik Bismarcks widersprechen, öffnete ihm neue Handlungsspielräume.
Zu weit lehnte sich der preuß. Landtag aus dem Fenster, als es darum ging, die Finanzierung der militärischen Operationen zur Durchsetzung der Londoner Protokolle sicher zu stellen:
In einer Adresse an den König verurteilte der Landtag Bismarcks Beharren auf den Londoner Verträgen und warnte vor dessen Politik, »welche das Land auf lange Zeit zu schädigen droht. Denn nach dem System des Ministeriums müssen wir fürchten, daß in seinen [Bismarcks] Händen die begehrten Mittel nicht im Interesse der Herzogtümer und Deutschlands, nicht zum Nutzen der Krone und des Landes verwendet werden dürften[ 9].«
Der Landtag blockierte jede Anleihe des Staates, in der Hoffnung konstitutionelle Zugeständnisse abzupressen.
Ganz ohne Landtag sondierte der Berliner Bankier Bleichröder im Auftrag Bismarcks Möglichkeiten, die nötigen Mittel zu beschaffen.
Bismarcks Ziel war die Gründung eines deutschen Nationalstaates. Die österreichische Vormachtstellung sollte durch eine preußische abgelöste werden. Der preußische Vorschlag zur Reform des Deutschen Bundes, nachdem Österreich neben Preußen eine führende Rolle zugedacht war, lehnten die Österreicher ab, wohl wissend, daß sie als Weltmacht längst abgewirtschaftet hatten, was angesichts des Streites um den Handelsvertrag mit Frankreich deutlich geworden sein sollte und 1865 sogar den Referenten im österreichischen Finanzministerium bewußt war, als sie Bismarck eine Notiz mit dem Inhalt »daß Österreich infolge der Kreditlosigkeit des Staates zeitweilig seine Großmachtstellung aufgeben müsse [10]« zukommen ließen.
Dennoch mußte Bismarck mit Österreich gemeinsam vorgehen, es aber andererseits von den deutschen Klein- und Mittelstaaten isolieren, die sich durch Friedrich von Holstein-Augustenburg einen neuen Bundesstaat Schleswig-Holstein erhofften und damit einen Machtzuwachs der kleineren Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes.
Schleswig aus Dänemark herauszulösen konnte unmöglich gefordert werden, da man damit ebenfalls die durch die Londoner Protokolle gegebene Rechtsgrundlage verließ und ein Eingreifen der pro-dänischen eingestellten brit. Regierung unter Premierminister Palmerston provozierte [11].
Ein Krieg gegen Dänemark konnte also nur mit Österreichs Hilfe, unter Umgehung des Deutschen Bundes, mit dem Ziel geführt werden, Dänemark zur Respektierung der Londoner Protokolle zu zwingen.
Im 31. Januar 1864 forderte der Befehlshaber der preußisch-österreichischen Verbände in einer Note an den dänischen General de Meza, sich mit seinen Einheiten aus dem Herzogtum Schleswig zurückzuziehen. De Meza lehnte ab und am 1. Febr. überschritten Österreicher und Preußen die schleswigsche Grenze. Das Herzogtum Schleswig umfaßte das Gebiet zwischen Kolding und Kiel (die schleswigsche Südgrenze verlief einige Kilometer nördlich von Kiel). Die dänische Verteidigung stützte sich auf die neu errichteten Befestigungsanlagen: Danewerk (Danevirke) südl. der Stadt Schleswig (Slesvig), Düppel (Dybbøl) westl. von Sonderburg (Sønderborg) und Fredericia [12].
Die Österreicher gingen frontal gegen das Danewerk vor und besetzten am 3. Febr. einige Stellungen beim Königshügel (Kongshøi), die Preußen versuchten am 2. Febr. bei Missunde über die Schlei zu gehen, wurden aber zurückgeschlagen. Der Plan die dänischen Truppen einzuschließen und ihren Rückzug nach Düppel zu verhindern wurde nicht umgesetzt. Die Dänen gaben ohne weiter bedrängt zu werden das Danewerk auf [13].
Ein Teil des preuß. Heeres rückte nun auf Düppel vor und belagerte es, der andere zog, gemeinsam mit den österreichischen Verbänden, an die Nordgrenze Schleswigs.
Auch Kolding, das jenseits der Grenze in Jütland (Jylland) lag, wurde von den dänischen Truppen kampflos geräumt. Man hätte annehmen können, daß die österreichisch-preußischen Truppen verleitet werden sollten die jütländische Grenze zu überschreiten, um ein Eingreifen Englands zu provozieren. Preußische Einheiten rückten in Kolding ein. Der Krieg mit England fiel aber aus. Zur Bestürzung des Premierminister Palmerston stimmte die Mehrheit des brit. Kabinetts gegen einen Krieg [14].
Ende Februar lud England zu einer Konferenz, die am 25. April 1864 in London stattfinden sollte, ein [15]. Im März einigten sich Preußen und Österreich, notfalls in Jütland einzurücken.
Vor Beginn der Londoner Konferenz versuchte Preußen mithilfe eines spektakulären militärischen Erfolges seine Verhandlungsposition gegenüber Dänemark zu verbessern. Der alte, bisher wenig erfolgreich operierende, Oberbefehlshaber General von Wrangel wurde durch den Prinzen Friedrich Karl von Preußen abgelöst und den Angriff auf die Düppeler Befestigungsanlagen beschloßen. Dänemark begriff nun langsam, daß es auf sich allein gestellt war.
Preußen schaffte schwere Geschütze herbei, die ab dem 15. März, von der Halbinsel Broacker aus, die Düppeler Schanzen unter Beschuß nahmen.
Am Morgen des 18. April feuerte die preuß. Artillerie aus allen Rohren. Punkt 10.00 Uhr wurde der Artilleriebeschuß eingestellt und zum Sturm auf die dänischen Schanzen übergegangen. Um 14.00 Uhr war die Schlacht vorbei. 1700 Dänen waren tot oder verwundet, 3000 gingen in Gefangenschaft. Einem Großteil der Dänen gelang es sich nach Alsen abzusetzen. Auf preußischer Seite gab es 1200 Tote und Verwundete zu beklagen [16][17].
An der Londoner Friedenskonferenz vom 20. April nahmen Russland, Großbritannien, Frankreich, Österreich, Preußen, der Deutsche Bund, Schweden-Norwegen und Dänemark teil. Ziel war es eine Regelung zu finden, den Konflikt um Schleswig friedlich beilegen zu können.
Voraussetzung sollte der ab dem 12. Mai gültige Waffenstillstand sein. Den Vorschlag, Schleswig aus Dänemark herauszulösen, um es mit Holstein zu einem Staat vereint, vom dänischen König, als Herzog von Schleswig-Holstein, in Personalunion regieren zu lassen, wurde von Dänemark abgelehnt [18]. Österreich trat ohne Wissen seines preußischen „Verbündeten“ mit dem Hause Augustenburg in Verbindung, versprach diesem die Erhebung eines Augustenburgers zum Herzog von Schleswig-Holstein, aber nur dann, wenn es mit Preußen keinerlei militärische Vereinbarungen tr&aauml;fe. Da die Londoner Konferenz den Anspruch der Augustenburgs ablehnte, lief Österreichs Versuch, seine Vorherrschaft in Deutschland durch einen weiteren, ihm verpflichteten, Mittelstaat zu sichern, ins Leere.
Der russische Kaiser Alexander II. aus dem Hause Romanow-Holstein-Gottorp machte auf seinem Weg zu seinem Kuraufenthalt in Bad Kissingen am 9. Juli Halt in Berlin. Bismarck stimmte sich mit dem Kaiser ab. Alexanders eigenes Interesse war es, eine all zu große Schwächung Dänemarks zu verhindern, um die Bildung einer skandinavischen Union nicht zu provozieren. Alexanders Bemühungen Schleswig-Holstein in Personalunion vom dänischen König regieren zu lassen, wurde von der dänischen Regierung abgelehnt. Eine Annexion der Länder durch Preußen lehnte der Kaiser von Rußland aus der Sorge, England würde im Bündnis mit Frankreich militärisch eingreifen, ab. Lord Palmerston stieß jedoch bei seinen wiederholten Bemühungen Napoleon III. zum Krieg gegen Deutschland zu bewegen auf taube Ohren [19].
Nun war es die Teilung Schleswigs, die die Geister der Diplomaten vor allem beschäftigte. Dänemarks Schmerzgrenze wurde bei Festlegung der Südgrenze des Herzogtums Schleswig erreicht, die kurz vor der Stadt Schleswig verlaufen sollte, während Preußens äußerster Vorschlag in einer Grenzlinie bestand, die von Flensburg über Tønder und dann in südwestlicher Richtung zur Nordsee verlief, was in etwa der Sprachgrenze entsprach. Der englische Kompromißvorschlag bestand darin, den Grenzverlauf auf halber Distanz zwischen der von Dänemark und der von Preußen vorgeschlagenen Grenzlinie festzulegen [20][21]. Frankreich wiederum schlug vor, die Bewohner zwischen Apenrade und Eckernförde über ihren künftigen Verbleib abstimmen zu lassen, was zwar in Deutschland begrüßt wurde, in England und Dänemark aber auf Ablehnung stieß [22].
Der dänische Staatsrat lehnte am 20. Juni jeden Kompromiß ab, überließ die endgültige Entscheidung König Christian IX., der sich dem Druck der aufgewiegelten Öffentlichkeit beugte und das Ergebnis der Londoner Konferenz ablehnte.
Da es zu keiner Einigung kam und der Waffenstillstand auslief setzten die Preußen in Ruderbooten auf die Insel Alsen über. Das rief das dänische Panzerschiff Rolf Krake auf den Plan, das die Fortsetzung der Operation unterband. Die bereits auf Alsen gelandeten Preußen vermochten allerdings die Dänen derart in Bedrängnis zu bringen, daß Rolf Krake vom Alsensund abgezogen werden mußte, um die Evakuierung der dänischen Armee sicher zu stellen. Die preußischen Soldaten konnten nun ungehindert mit ihren Ruderbooten übersetzen und Alsen besetzten. Die Österreicher eroberten Jütland.
In Kopenhagen brach Panik aus. Christian IX. entließ am 8. Juli die nationalliberale Regierung und berief eine neue, konservative Regierung, die er mit der Aufnahme von Friedensverhandlungen beauftragen konnte. Am 20. Juli wurde ein Waffenstillstand geschlossen [23].
Auf der in Wien stattfindenden Friedenskonferenz verhandelten Österreich, Preußen und Dänemark. Ergebnis: Der dänische König verzichtet auf all seine Rechte an Schleswig, Holstein und Lauenburg zugunsten des Kaisers von Österreich und des Königs von Preußen [24][25].
Quellen:
[ 1] Manitius/Rudel/Schwahn Illustrierte Weltgeschichte Vierter Band, Berlin 1923, S. 393f
[ 2] Adriansen/Christensen, Der Zweite Schleswigsche Krieg 1864, Museum Sønderjylland – Sønderborg Slot und Tøjhusmuseet 2013, S. 5
[ 3] Bruners, Jan, Bismarcks Außenpolitik bis zur Reichsgründung, www.eden.one, aufgerufen am 03. Aug 2017
[ 4] Clarck, Christopher, a.a.O., S. 600
[ 5] Trinius, August, Geschichte der Einigungskriege: 1864. 1866. 1870/71. 1. Teil, Berlin 1885, S. 35
[ 6] Trinius, August, a.a.O., S. 37
[ 7] Bismarck, Otto von, Gedanken und Erinnerungen, Stuttgart 1959, S. 281
[ 8] Stern, Fritz, Gold und Eisen, München, 2008, S. 75
[ 9] zit. nach Stern, Fritz, a.a.O., S. 74
[10] zit. nach Stern, Fritz, a.a.O., S. 104
[11] Bruners, Jan, a.a.O.
[12] Adriansen/Christensen, a.a.O., S. 6f
[13] ebd. S. 11f
[14] „Gott schütze unser inniggeliebtes Deuschland“ in Der Spiegel Ausgabe 21 1965 S. 101
[15] Gall, Lothar, Bismarck, Berlin 2008, S. 358
[16] Adriansen/Christensen, a.a.O., S. 17f
[17] Clarck, Christopher, a.a.O., S. 603f
[18] Sybel, Heinrich von, Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I., 3. Band, Paderborn 2012, S. 243
[19] Sybel, Heinrich von, a.a.O., S. 254f
[20] Gall, Lothar, a.a.O., S. 362
[21] Adriansen/Christensen, a.a.O., S. 21
[22] Sybel, Heinrich von, a.a.O., S. 259
[23] ebd. S. 23
[24] Gall, Lothar, a.a.O., S. 363
[25] Adriansen/Christensen, a.a.O., S. 24