Frankreich verlor in der Schlacht bei Sedan 121 000 Mann (Tote, Verwundete und gefangen genommene Soldaten). General Vinoy entkam mit dem 13. Korps nach Paris. Am 4. Sept. wurde in Paris eine „Regierung der Nationalverteidigung“ mit Adolphe Thiers als Staatsmann und Louis-Jules Trochu als General gebildet. Thiers warb im Ausland um Unterstützung und scheute sich nicht vor dem Angebot, im Tausch gegen Beistand und Waffen, die Republik in eine Monarchie zu verwandeln [A1].
Diese Aktion ließ den preußischen König daran zweifeln, ob der Abschluß eines Waffenstillstandsabkommens mit der Regierung Thiers sinnvoll sei. Er sah sich gezwungen den Krieg gegen Frankreich bis zu dessen Kapitulation fortzusetzen.
Am 5. September 1870 hielt der König von Preußen Einzug in Reims. Am 9. September wurde die Zitadelle von Laon besetzt.
Am 15. waren die deutschen Vortruppen bis auf wenige Kilometer an Paris herangekommen und begannen die Stadt einzuschließen. Trotz der, an ihrer Aufgabe gemessenen, geringen Anzahl (zunächst nicht mehr als 150 000 Mann [A2]), schlugen die norddeutschen Truppen einen, von General Ducrots am 19. September unternommenen, Ausbruchsversuch zurück.
Der franz. Außenminister Fauvre suchte daraufhin König Wilhelm in dessen Hauptquartier in Ferrières auf, um über einen Waffenstillstand zu verhandeln. Die Verhandlungen scheiterten, da Frankreich zu keinerlei Gebietsabtretungen bereit war. Die süddeutschen Staaten konnten einem deutschen Nationalstaat nur dann beitreten, wenn ihre Existenz nicht von einem übermächtigen Frankreich von der linken Rheinseite her bedrohte wurde.
König Wilhelm I. von Württemberg erklärte dem Grafen Bismarck bereits 1855 [A3]:
»Geben Sie uns Straßburg, und wir werden einig sein für alle Eventualitäten; solange Straßburg aber ein Ausfallstor ist für eine stets bewaffnete Macht, muß ich befürchten, daß mein Land überschwemmt wird von fremden Truppen, bevor mir der deutsche Bund zu Hilfe kommen kann… Der Knotenpunkt liegt in Straßburg, denn solange das nicht deutsch ist, wird es immer ein Hindernis für Süddeutschland bilden, sich der deutschen Einheit, einer deutsch-nationalen Politik ohne Rückhalt hinzugeben .«
Am 15. Aug. kapitulierten die Festung Marsal, am 25. Vitry und Toul am 23. September 1870. Am 27. Sept. streckte das belagerte Straßburg seine Waffen.
Generalstabschefs v. Moltke im Chateau Thierry am 15. September [A4]:
»Der weitere Vormarsch gegen Paris hat zunächst den Zweck, jede Verbindung dieser Hauptstadt nach Außen abzuschneiden und Zufuhren wie Entsatzversuche zu hindern. Im Allgemeinen sind daher die Truppen dem Geschützfeuer der Werke nicht auszusetzen, jedoch die Verkürzung der Cernierungslinien so nahe als möglich an jene heranzuführen…
Da eine Offensive aus Paris außer Wahrscheinlichkeit liegt, so kann das Vorgehen der III. Armee schon jetzt, unabhängig von dem Eintreffen der Armee=Abtheilung Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Sachsen, erfolgen. Ihre Kavallerie ist so schnell als möglich zur Verbindung mit der 5ten und 6ten Kavallerie=Division sowie zur Aufklärung gegen die Loire, hinter welchem Fluß der Feind eine Reserve=Armee zu bilden bestrebt sein soll, vorzuschieben….«
Wie berechtigt die Annahmen des preuß. Generalstabschefs waren, sollte sich in den folgenden Monaten erweisen.
Ein Mangel an (noch nicht herangeführten) Gerätschaften, Geschützen und Soldaten waren weitere, gute Gründe sich für einen engen Belagerungsring zu entscheiden. Einen Angriff auf Paris hielt Moltke zu diesem und auch zu jedem späteren Zeitpunkt für unangemessen.
Paris verfügte über eine starke Besatzung, über mit Artillerie gut bestückte Werke (Forts), über Kanonenboote und gepanzerte Züge.
Am 30. September scheiterte ein weiterer, von General Vinoy unternommene Ausbruchsversuch, ebenso, wie die am 25. und 28. Oktober unternommenen. Im abgeriegelten Paris begann die linke Opposition an Einfluß zu gewinnen. Die „Regierung der Nationalverteidigung“ schreckte allerdings vor einer Bewaffnung der Arbeiter zur Verteidigung Paris zurück und setzte ihr Glück auf die im Süden Frankreichs neu gebildete Loire-Armee [A5].
Am 5. Oktober nimmt der preußische König Wilhelm I. Versailles als Hauptquartier.
Ein Teil der franz. Regierung war nach Tours umgezogen, um von hier aus den Krieg gegen den Norddeutschen Bund fortzusetzen. In England wurden Waffen gekauft, von Italien kamen Garibaldis Freischärler. Arkadier und Jesuiten sammelten ihre Gefolgschaft. Für die neue Loire-Armee wurden Soldaten ausgehoben und gedrillt. Mit den Francs-Tireurs wurden irreguläre Kampfgruppen gebildet. Der mit einem Ballon am 2. Oktober aus Paris geflohene Gambetta erhielt diktatorische Vollmachten, den Volkskrieg zu verordnen [A6].
Graf Helmut von Moltke in einem Brief vom 23.11.1870 [B1]:
»…Inzwischen war es dem Terrorismus der Advokatenregierung gelungen, alle guten und schlechten Eigenschaften der französischen Nation auszubeuten, ihren Patriotismus, ihren Mut, ihre Selbstüberschätzung und Unwissenheit. Rings umgeben von bewaffneten Banden, hatten wir nach innen Front zu machen gegen verzweifelte Ausfälle, nach außen gegen Verrat und Überfälle.
Nachdem das ganze französische Heer in die Gefangenschaft nach Deutschland gewandert ist, stehen heute mehr Bewaffnete in Frankreich gegen uns als zu Anfang des Krieges. Belgien, England und Amerika lieferten die Waffen reichlich, und wenn heute eine Million Gewehre ankämen, so würden wir in wenig Tagen eine Million bewaffneter Franzosen mehr gegen uns haben, denn der Terrorismus ruft alles bis zum sechsundvierzigsten Lebensjahre von Haus und Hof, von Familie und Heimat zu den Fahnen.
Daß eine solche Kriegführung für das Land eine Grausamkeit ist, welche ihm die tiefsten Wunden schlägt, macht denen die wenigste Sorge, welche vor allem eine Macht bewahren wollen, über deren Legalität sie die Nation zu befragen nicht wagen. Es kann nicht genug betont werden, daß wir freie Wahlen, die freisten gewiß, die Frankreich noch gehabt hat, auch in den von uns besetzten Landesteilen, auch ohne Waffenstillstand und ohne jegliche Bedingung genehmigt haben.«
Die deutsche Heerführung reagierte, indem sie einzelne Divisionen von Paris und aus dem Elsaß, sowie in Reserve gehaltene Verbände an die Loire beorderte, den dort mit der vorgeschobenen 4. Kavaleriedivision operierenden Prinz Albrecht zu unterstützen. Ziel war es, die Loire-Armee daran zu hindern den eingeschlossenen Truppen von Paris zu Hilfe zu kommen.
Unter dem Kommando des Generals von der Tann wurden das vor Paris stehende 1. bayr. Korps, die 22. Division (von Wittich) und die 2. Kavalleriedivision gegen die von General Lemotterouge geführte Loire-Armee in Marsch gesetzt.
Nach einem kleineren Gefecht bei Artenay (10. Okt.) konnte von der Tann am 11. Okt. Lemotterouge zurückwerfen und Orléons besetzen. Von Wittich zog mit der 22. Division weiter nach Westen erstürmte am 18. Okt. Châteaudun und besetzte am 21. Okt. Chartres. So hoffte man der Loire-Armee im Südwesten die Wege nach Paris zu verbauen ohne dabei selbst Gefahr zu laufen, die Verbindungen zu den eigenen Verbänden zu verlieren.
Unter dem neuen Kommando des Jesuiten, General Aurelle de Paladines [B2] versuchte die auf 150000 Mann angewachsene Loire-Armee wenig später Orléons zurück zu gewinnen.
Nach verlustreichen Kämpfen mußte von der Tann die Stadt aufgeben. Er zog sich mit seinen Truppen auf die andere Loireseite nach Toury zurück. Dort vereinigte er sich mit der 22. Division von Wittich und mit der 4. Kavalleriedivision des Prinzen Albrecht.
Metz.
Die II. Armee des Prinzen Friedrich Karl hatte bereits Ende Sept. Metz erreicht und eingeschlossen. Zeitgleich mit der Schlacht bei Sedan kam es bei Metz zu dem energischsten Ausbruchsversuch des eingeschlossenen Bonapartisten Marschall Bazaine. In der Schlacht bei Noisseville rannten die Franzosen in immer neuen Wellen gegen die deutschen Truppen an. Der Kampf dauerte einen Tag die Nacht hindurch bis zum nächsten Tag.
6500 Männer verloren an diesen beiden Tagen ihr Leben. Die Zahl sollte sich bis zum Ende der Belagerung vervielfachen.
Die II. Armee baute ihre Stellungen aus, sicherte sich durch die Wiederherstellung der Bahnverbindung nach Saarbrücken den Nachschub und sorgte dafür, daß der Anmarsch der Deutschen auf Paris durch Bazaine nicht bedrohte wurde [B3].
Typhus und Mangel an Lebensmitteln zwangen die, bis zum 27. Okt. ausharrende, 173 000 Mann starke, Armee des Marschall Bazaines zur Kapitulation.
Den deutschen Armeen fielen 541 Geschütze, 102 Mitrailleusen und 300 000 Gewehre in die Hand. Prinz Friedrich Karl wurde zum Generalfeldmarschall befördert [B4].
General von Manteuffel übernahm das Kommando über die I. Armee. Das 1. und 8. Korps der I. Armee zog in die Picardie, der Rest blieb als Besatzung in Lothringen und zur Belagerung der an der belg. Grenze liegenden Festungen.
Mit dem größeren Teil der II. Armee eilte Prinz Friedrich Karl von der Tann zu Hilfe. Das 2. Korps ging nach Paris.
Bevor die II. Armee die Loire erreichte, war bereits der Großherzog von Mecklenburg mit der 17. Division an Ort und Stelle.
Er besetzte Dreux, Chateauneuf sowie Nogent-le-Retrou und bedrohte damit die linke Flanke der nunmehr auf 200 000 Mann angewachsenen Loire-Armee.
Amiens (Nordarmee).
Die im Anmarsch auf Amiens befindliche I. Armee unter General von Manteuffel veranlaßte Farre die schlagfähigen Truppen seiner Nordarmee (25-30 000 Mann) zusammenzuziehen, die Stadt zu verteidigen. Am 27. Nov. entbrannte die Schlacht gegen die gut geführten doch meist kampfunerfahrenen Franzosen und endete erst nach Mitternacht. An die 3000 Menschen verloren das Leben. Amiens gab sich geschlagen.
Am 28. zogen die preußischen Truppen in die Stadt ein. Auf Befehl des Königs wandte sich nun die I. Armee nach Rouen, das von hoher Wichtigkeit für die Versorgung der Armee war. Die Verteidiger der Stadt wurden überrascht. Nach kleineren Gefechten wurde Rouen den Preußen übergeben und am 6. Dez. besetzt [B5] Farre zog sich nach Havre zurück, den aus den USA herangebrachten Nachschub zu sichern.
Anfang Nov. 1870 hatte Gambetta Aurelles befohlen, vom Süden her mit der Loire-Armee den Ring um Paris zu sprengen. Die Umsetzung des groß angelegten Unternehmens bedurfte umfassender und zeitraubender Vorbereitungen.
Glück für die Deutschen, daß Prinz Friedrich Karl nach dreiwöchigem Marsch am 24. Nov. rechtzeitig mit der II. Armee am Ort des Geschehens eintraf.
Am 28. Nov. stoppte das X. Korps die Franzosen in der Schlacht von Beaune la Rolande. Zur gleichen Zeit entbrannten östlich von Paris heftige Kämpfe.
Zwei Corps wendete Gambetta dafür auf, die Nachschublinien der Deutschen zu zerschneiden.
Villiers (östl. Paris).
Nach Scheingefechten bei L‘ Hay begann die Schlacht um die Hochebene von Villiers [B6]. Am 30. Nov ließ Ducrot das 2. Corps mit 3 Divisionen bei Joinville und Bry auf in der Nacht errichteten Behelfsbrücken über die Marne gehen [B7]. Sächsische und Württembergische Einheiten gelang es den Angriff zu stoppen, wobei die 1. sechspfündige Württembergische Batterie der Division Faron die empfindlichsten Verluste beibrachte.Ducron befahl überhastet, um Faron zu entlasten, Villiers anzugreifen, wurde aber von sächsischen und württembergischen Truppen zurückgegeschlagen. Im Laufe des Nachmittags erhielten die Franzosen Verstärkung durch das 3. Corps.
In der Nacht beorderte König Wilhelm Teile des II. und IV. Korps nach Villiers. Am 1. Dez. befestigten beide Seiten ihre Stellungen. Für den nächsten Tag befahl der König von Preußen dem frisch ernannten Befehlshaber General von Fransecky den Angriff auf Bry und Champigny [B8].
Gesagt getan, doch allein die Franzosen hatten etwas dagegen und im Schutz des schweren Artilleriebeschußes durch die Forts Rosny und Nogent sowie der Artilleriestellung auf dem Mont Avron gelang es den deutschen Soldaten nicht Bry zu besetzen. In Champigny traf man auf General Ducron persönlich, der von hier aus mit starken Kräften vorging, die Höhe von Villiers nahm und die deutschen Stellungen in Villiers selbst angriff.
Die heftige Gegenwehr der Deutschen vereitelten die Pläne des Franzosen. Am 3. Dez. boten die Franzosen ihre Reserven auf und mußten erkennen, daß die Schlacht verloren war. Die Stellungen hielt man, die Deutschen zu binden, um ihren Einsatz gegen die Loire-Armee zu verhindern. 18200 Menschen hatten ihr Leben eingebüßt [B9].
Trotz heftiger Differenzen zwischen Friedrich Karl (Befehlshaber) und dem Großherzog von Mecklenburg (Regent) konnten die deutschen Verbände die Loire-Armee am 2. Dez. in der Schlacht bei Loigny-Pourpry den entscheidenden Schlag versetzen [B10].
Durch den Gegenangriff Friedrich-Karls wurde die Loire-Armee in zwei Hälften geteilt und Orléons erneut besetzt.
Der in Tours residierende Teil der franz. Regierung floh nach Bordeaux.
Amiens.
Am 9. Dez. startete General Faidherbe mit zwei frisch ausgehobenen Corps den Versuch Amiens zurück zu gewinnen. Da kurz zuvor weitere franz. Festungen kapitulierten, konnte Manteuffel zusätzlich über die so freigewordenen Truppen verfügen. Weitere Verstärkung versprach die sich im Anmarsch befindliche Gardekavalleriebrigade des Prinzen Albrecht von Preußen (Sohn).
Am 23. Dez. entbrannte die Schlacht. Dank ihrer Artillerie konnten sich die Preußen in ihren Stellungen behaupten. Faidherbe zog sich am 24. Dez. zurück. Man zählte 2000 Tote [B11].
Die Nerven in Paris lagen blank, ebenso die des Grafen von Bismarck. Bismarck forderte Moltke dazu auf mithilfe der Artillerie Paris sturmreif zu schießen.
Generalstabschef von Moltke lehnte das ab. Er hatte seine Gründe. Moltke wußte als Soldat um die Greuel des Krieges und verabscheute unangemessene Gewalt gegen Zivilisten. Als Stratege brauchte Moltke andererseits ein eingeschlossenes Paris, das ihn in die komfortable Lage versetzte, die zur Befreiung der Stadt herbeieilenden Heere aus sicheren Stellungen heraus zu schlagen [D1].
Die deutschen Armeen hatten aufgrund ihrer Schnelligkeit (dank einer im Vorfeld operierenden Kavallerie) und der klug gewählten Strategie mit dem Einschluß Paris und der Besetzung strategisch wichtiger Positionen, die Franzosen in die Rolle des Angreifers gedrängt. Ermöglicht wurde dies nur aufgrund des gut organisierten Nachschubs, wobei die zentrale Bedeutung von Paris für das Schienennetz eine entscheidende Rolle spielte.
Mit dem Scheitern der durch Gambetta geplanten Campagnien Paris zu entsetzen und die Nachschublinien der Deutschen zu zerschneiden, das Scheitern selbst kleinerer auf Prestigegewinn ausgerichteter Unternehmen wie die Rückeroberung Amiens, schwand die Siegeszuversicht der Franzosen.
Bis zur Mitte des Januars 1871 dauerten die Bemühungen der Franzosen, den Ring um Paris zu sprengen. General Chanzy setzte sich von Chartres und General Bourbaky von Montargis (östl. Orleans gelegen) aus in Bewegung. Während das II. und VII. Korps der deutschen Bourbaky in Schach hielt, ging Friedrich Karl mit der II. Armee offensiv gegen Chancy vor. Bei Le Mans kam es am 10. Jan. zu einer dreitägigen Schlacht die Friedrich Karl für sich entschied. Chancy wurde hinter die Mayenne zurückgeworfen.
Die nun auf deutscher Seite reichlich herangeführte Artillerie findet Verwendung die Paris vorgelagerten Forts zu beschießen. Am 5. Jan. wird das Forts an der Südfront Paris niedergekämpft.
Lediglich im Südosten des Landes hatten die Franzosen noch einen infolge von Logistik und Truppenstärke gegebenen strategischen Vorteil.
Gambetta beabsichtigte, dem belagerten Belfort zu Hilfe zu eilen, um anschließend die deutschen Nachschublinien erneut anzugreifen. Zu diesem Zweck wurde die 1. Loire-Armee von Bourges (südl. von Orleans gelegen) nach Belfort verlegt.
Zwar wurde auf deutscher Seite sofort nach Erkennen der Bedrohung General von Manteuffel (Auxerre, auf halbem Weg zw. Paris und Besançon gelegen) mit seinen Korps nach Belfort in Marsch gesetzt. Bis zu dessen Eintreffen aber blieb, der den Franzosen (ca. 100 000 Mann) weit unterlegene, General von Werder auf sich alleine gestellt. Drei Tage lang vermochte er in den Gefechten seine klug gewählte Stellung an der Lizaine zu behaupten, bevor die Franzosen am 17. Jan. entmutigt nach Besançon abzogen.
Nachdem General von Manteuffel eintraf, attackierte er seinerseits die Nachschublinien der 1. Loire-Armee.
Am 18. Jan. 1871, 170 Jahre nachdem sich Kurfürst Friedrich III. in Königsberg zum König in Preußen gekrönt hatte, proklamiert im Spiegelsaal zu Versaille, Bundeskanzler Graf Otto von Bismarck in Anwesenheit der deutschen Fürsten, den preuß. König zum Deutschen Kaiser. Nach der kurzen Feierlichkeit, unter den Klängen des Hohenfriedberger Marsches, verließ Kaiser Wilhelm I., sinnigerweise den Salle de la Paix durchquerend die Veranstaltung um zu seinen Truppen zu gelangen [E1].
Die Stationierung der deutschen Artillerie vor Paris ist abgeschlossen. Am 19. Jan. erfolgt ein letzter Ausbruchsversuch der Franzosen, bevor am 21. Jan. Paris nun auch vom Norden her durch Artillerie beschossen wird. Am 23. Jan. bittet die Pariser Regierung um Waffenstillstand, der ihr gewährt wird.
Das Gros der Heerführer in den darin ausgeschlossenen frz. Departments schließt sich nach weiteren Scharmützeln bis zum 13. Febr. dem Waffenstillstand an.
Frankreich führte den Krieg aus innenpolitischen Gründen, ebenso wie Deutschland. Ging es in Deutschland um die nationale Einigung, so rivalisierten in Frankreich reaktionärster Adel, Jesuiten, Bonapartisten, Bourgeoisie und Kommunisten um die Macht im Staate und eine jede Gruppe hatte ihren General bzw. ihre Soldaten. Mit dem Sturz Napoleon III. verlor Frankreich die Integrität, die notwendig gewesen wäre, eine den Krieg begleitende Diplomatie zu entwickeln. Die techn. und zahlenmäßig überlegene Armee der Franzosen unterlag aufgrund des Unvermögens ihrer politischen und militärischen Führer.
Am 28. Febr. billigte die in Bordeaux tagende Nationalversammlung den von Thiers eingebrachten Friedensvertrag [E2]:
1. Der nordöstl. Teil Lothringens und das Elsaß (mit Ausnahme Belforts) werden an Deutschland abgetreten.
2. Frankreich zahlt 5 Mrd. Frs. Kriegsentschädigung.
3. Die Räumung Frankreichs erfolgt schrittweise und ist gekoppelt an die Tranchen in denen die Kriegsentschädigung zu zahlen ist.
4. Die deutschen Truppen verzichten auf alle Requisitionen (Beschlagnahmen). Ihr Unterhalt wird von Frankreich getragen.
5. Die Bevölkerung der abgetretenen Gebiete kann innerhalb einer bestimmten Frist auswandern.
6. Die Kriegsgefangenen werden unverzüglich zurückgegeben.
7. Die eigentlichen Friedensverhandlungen werden in Brüssel geführt.
Die Nationalversammlung wurde von 630 Abgeordneten gebildet: 30 Bonarpartisten, ca. 200 Republikaner und ca. 400 Monarchisten.
Die kritische Versorgungslage Paris wurde auch unter Einbeziehung deutscher Vorratslager, durch schnelle Reparatur der Eisenbahnlinien und das Öffnen der Stadt zur Lebensmittelversorgung bis Mitte Februar 1871 ins Erträgliche gemindert. Nicht verhindert werden konnte der Ausbruch einer Revolution die mit Herausbildung der sich selbst organisierenden Pariser Kommune einherging. Das Sterben ging weiter.
Quellen:
[A1] Marx, Karl Der Bürgerkrieg in Frankreich in Karl Marx/Friedrich Engels – Werke Band 17, 1962, Berlin S. 319.
[A2] Großer Generalstab (Hrsg.), Der deutsch-französische Krieg 1870-71., Berlin 1874, 1881, S. 1385
[A3] Zitiert nach Haller, Johannes, Bismarcks Friedensschlüsse in Weltkultur und Weltpolitik, Heft 10 der Deutschen Folge, München 1916
[A4] Großer Generalstab, a.a.O., Anlage Nr. 65, S. 18*
[A5] F. A. Brockhaus (Hrsg.), Deutsch-Französischer Krieg von 1870 und 1871, Leipzig 1896
[A6] Großer Generalstab, a.a.O., S. 1385
[B1] Moltke, Helmuth v., Moltke, Paderborn 2005, S. 291f
[B2] Marx, Karl, Der Bürgerkrieg…, a.a.O., S. 327.
[B3] Hiltl, Georg, Der französische Krieg von 1870 und 1871. Bielefeld, Leipzig 1888,S. 444ff.
[B4] ebd. S. 470ff
[B5] ebd. S. 633ff
[B6] Großer Generalstab, a.a.O., S. 555ff
[B7] ebd., S. 544f
[B8] ebd., S. 566f
[B9] ebd., S. 568ff
[B10] ebd., S. 1388
[B11] Hiltl, Georg, a.a.O., S. 642
[D1] Gall, Lothar, Bismarck, Berlin 2008, S. 510
[E1] Hiltl, Georg, a.a.O., S. 720
[E2] Großer Generalstab, a.a.O., Anlage Nr. 183, S. 780*
[Abb. 1] Karte Frankreichs, Eigenbearbeitung der Topographischen Karte auf www.commons.wikimedia.org/ wiki/ File: Europe_topography_map.png
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