g-schichten.de
G-SCHICHTEN.DE

Neuordnung.

Weder Einigkeit, noch Recht und keine Freiheit!

England brauchte keine Wirtschaftskonkurenten und einen Absatzmarkt für seine Waren. Österreich stellte das sicher. Hier trafen sich Metternichs Legitimitätsprinzip, der alte Herrscher ist der neue Herrscher, mit den Erfordernissen der britischen Wirtschaft. Deutschland und Italien werden zerstückelt dem österreichischen Interessensgebiet zugeordnet [ 1] [ 2] [A].

Die Bundes-Akte.

Auf Basis der preußischen Verhandlungen um eine deutsche Verfassung bildeten die Vorschläge des Freiherrn vom und zum Stein, die die Einrichtungen des Deutschen Bundes, die ihnen übertragenen Aufgaben, wie die Aufgaben selbst bestimmten.
Das oberste Organ sollte ein Direktorium sein, bestehend aus Österreich und Preußen mit jeweils zwei Stimmen, Bayern und Hannover mit einer Stimme. Österreich sollte den Vorsitz im Direktorium erhalten.

Hinzu kam ein Bundestag in dem die deutschen Staaten entsprechend ihrer Einwohnerzahl vertreten sein sollten. Ein Teil der Abgeordneten hätten die Ständeversammlungen der Mitgliedsstaaten entsandt.

Der Bundestag habe allgemeine Verordnungen zu erlassen, über Krieg und Frieden zu entscheiden, die Rechtspflege, das Militärwesen und die Verfassungsmäßigkeit der Mitgliedsstaaten zu überwachen.

Sechs zu schaffende Reichskreise hätten die Umsetzung der Bundesbeschlüsse sicher zu stellen. Der Steinsche Verfassungvorschlag enthielt zudem die Sicherstellung allgemeiner bürgerlichen Freiheiten (Eigentumsrecht, Beschwerderecht) [ 3].

Auf dem Wiener Kongreß selbst erarbeitet Wilhelm von Humboldt einen weit feingliedrigeren Verfassungsvorschlag, der Metternich – er strebte einen losen Staatenverbund ohne gesetzgebende Befugnisse an – in Schwierigkeiten brachte. Jetzt wurde der Streit um Sachsen hochgekocht, um die Verhandlungen um die Verfassung zum Scheitern zu bringen. Metternich legte seine eigene Bundes-Akte vor:

»Art. 2.: Der Zweck desselben ist Erhaltung der äußeren und inneren Sicherheit Deutschlands und der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen deutschen Staaten…
 
Art. 13.: In allen Bundesstaaten wird eine landständische Verfassung statt finden…
 
Art. 26.: …so ist die Bundes-Versammlung nichts desto weniger verpflichtet, auch unaufgerufen zur Wiederherstellung der Ordnung und Sicherheit einzuschreiten [ 4]

Der Freiherr vom und zum Stein nennt die Dinge beim Namen:

»…den Untertanen steht nur ein Erwartungsrecht zu, der Bund hat keine Befugnis, sie zu schützen, vielmehr ist er verpflichtet, wenn Unruhen entstehen, sie zu unterdrücken, ohne sich um die Merita causae, um den Grund der Beschwerden zu bekümmern. Diese Grundsätze sprechen Fürst Metternich und Graf Rechberg aus, … [B]«

Napoleons Landung in Frankreich 1815 nutzte Metternich, Preußen mit dem Argument, die kleineren Staaten müßten in den Bund geholt werden, um sie für den Kampf gegen Napoleon zu gewinnen, zur Unterschrift zu bewegen. Die Verfassung könne auch später noch verbessert werden. Den kleinen Staaten – die in einem handlungsfähigen Deutschen Bund ihre Souveränität bedroht sahen – sagte Metternich: Unterschreibt meine Bundes-Akte, damit verhindert ihr den preußischen Vorschlag [ 5].

Damit scheiterte Preußen, vertreten auf dem Wiener Kongreß durch Karl August von Hardenberg und Wilhelm von Humboldt, seine Vorstellungen von einer starken deutschen Zentralmacht unter der gemeinsamen Führung Preußens und Österreichs durchzusetzen [ 6].

Anstelle des geeinten Nationalstaates wurde auf dem Wiener Kongreß ein Deutscher Bund vereinbart, in dem der König von England (als Kurfürst/König von Hannover), der König von Dänemark (als Herzog von Holstein) und der König der Niederlande (als Großherzog von Luxemburg) Sitz und Stimme hatten [ 7] [ 8] [B].
Kaiser Alexander I. von Rußland war der irrigen Meinung gemeinsam mit Preußen einen Befreiungskrieg geführt zu haben an dessen Ende die Heiligen Allianz verbrüderter Völker stünde.

Die Heilige Allianz.

Metternich paßte Alexanders Vorschlag einer Heiligen Allianz seinem Herrschaftsverständnis an.
Daß sich gemäß der Bibel ALLE Menschen als Brüder betrachten sollten und sich »die Staatsangehörigen der vertragschließenden Parteien durch die Bande einer wahren Brüderlichkeit verbunden bleiben « ging gar nicht. Kaiser Franz als Bruder eines Leibeigenen? Undenkbar. Metternich reduzierte die Bruderschaft auf die drei unterzeichnenden Monarchen.
Der Passus Alexanders, nachdem die Monarchen und ihre Untertanen »Glieder einer und derselben christlichen Nation wären« ging auch nicht. Metternich verbesserte: Die drei Souveräne nebst denen von ihnen Regierten (nur um die Verhältnisse klar zu rücken) sind drei Zweige einer Familie (Papa Franz hier, das Volk als unmündiges Kind da).
Die Verbreitung der christlichen Werte fand Metternich zu abgeschmackt. Besser die drei Monarchen stehn sich bei, um ihren Untertanen Brüderlichkeit und Gerechtigkeit – wenn´s denn sein mußte, mit militärischer Gewalt – beizubringen [ 9].

Da ganz Europa – bis auf Papst [C], Sultan und England (Castlereagh sah in der Heiligen Allianz »ein Stück sublimen Mystizismus und Unsinn«) der Heiligen Allianz beitrat, fühlten sich die Großmächte in der Minderheit.

Deshalb wurde am 20. Nov. 1815 die Erneuerung der Quadrupelallianz (Großbritannien, Österreich, Rußland und Preußen) beschlossen.

Bedeutsam blieb die Heilige Allianz nur als Kampfbegriff gegen Kaiser Alexander und Metternich. Letzterer verteidigte sich in seinem späteren Leben: »Die Heilige Allianz war nicht eine Stiftung zur Niederhaltung der Volksrechte, zur Beförderung des Absolutismus und irgendeiner Tyrannei. Sie war lediglich der Ausfluß einer pietistischen Stimmung des Kaisers Alexander und der Anwendung der Grundlage des Christentums auf die Politik« [10].

Deutschland erfindet sich.

Napoleon hatte auf deutschem Gebiet neue Staaten gegründet, einen erheblichen Teil okkupiert und durch die Umwidmung von Herzogtümern zu Königreichen Staaten geschaffen, die sich schwerlich einem deutschen Souverän unterordnen sollten. Napoleon löste die staatliche Ordnung in Deutschland auf und mit seinem Untergang entstand ein freies Feld, das den Geist nicht nur der Diplomatiker und Staatenaufsteller herausforderte. Wir begegnen vielen Namen, deren Ideen jede für sich genommmen zu einem untauglichen Schluß geführt haben würde, die aber in ihrem Wechselspiel miteinander das deutsche Kaiserreich hervorbringen sollte.

Die Verdienste der Soldaten und Politiker nicht vergessend, muß das aus den deutschen Hochschulen hervorgegangene Gestrüpp aus Professoren, Theologen und Studenten betrachtet werden, noch bevor man das nachhaltigere Wirken des Unternehmertums beleuchten kann. Auf dem Schlachtfeld Deutschland tummeln sich also restaurative Kräfte, aufgeklärte Monarchisten, Moralisten und Liberale. Nicht zu vergessen ist, daß die Entwicklung in Deutschland nicht ohne Einflußnahme von ausländischer Seite vonstatten ging.

Der preußische König Friedrich Wilhelm III. gab, die Stimmung wie die Erfordernisse der Zeit erfassend, Reformern wie Reformen Raum, der in Folge des erfolgreichen Befreiungskrieges, die Hoffnung berechtigt erschienen ließ, daß sich diese von Humanismus getragene Moral auch im anstehenden Kampf zur Lösung der weiteren politischen Aufgaben siegreich erweisen würde. Beleg einer Anschauung liefert ein in Görres Rheinischer Merkur abgedrucktes fiktives Gespräch  mit einem Franzosen, das mit dem Satz endet:
»Grundsätze haben sie keine, sondern blos Maximen, und alle gesellschaftlichen Einrichtungen unter den Menschen, die auf einer völligen Uneigennützigkeit beruhen, und auf dem kindlichen Triebe nach Wahrheit und Recht, bleiben ihnen fremd [11] Leider hatte mit Sayn-Wittgenstein die österreichisch-englische Partei das Regiment des Berliner Polizeipräsidenten übernommen und die Tage des Rheinischen Merkur waren gezählt.

Österreich außen vor gelassen, liefern die Landesfürsten Ansichten finsteren Abgrunds wie lichter Höhen.

Kurhessen (Hessen-Kassel).

1807 hatte Napoleon Kurhessen im Königreich Westphalen aufgehen lassen. Die von den Franzosen eingeführten Änderungen wurden vom hessischen Kurfürsten Wilhelm I. niemals anerkannt, der nach Napoleons Vertreibung eine kleptomanisch konotierte Rückkehr zum Mittelalter verordnete. Von der napoleonischen Gesetzgebung ließ er lediglich die Paragraphen bestehen, die ihm persönlich nutzten, wie etwa das Gesetz, das dem Adel Steuerfreiheit gewährte. In Privatbesitz gelangte, sekularisierte (d.h. ehemals kirchl.) Gebiete forderte er ein und ließ seine wenig zimperlich vorgehende Polizei entsprechend vorgehen.
Die von ihm einberufene Ständeversammlung jagte er wieder auseinander, als es die Ständvertretung wagte, den Anordnungen des Kurfürsten zu widersprechen [12][13].

Kurhessen war »ein Staat ohne Landtag, ohne Parteien, ohne Selbstorganisation, ohne politische Öffentlichkeit und fast ohne Presse« [14]. Erst nach dem Tode von Kurfürst Wilhelms I. (1821) kam es zu einer Neuordnung der Staatsverwaltung [15].

Der Württembergische Verfassungsstreit.

1514 wurde unter Herzog Ulrich eine ständische Verfassung erlassen. Der Landtag wurde aus Vertretern der evangelischen Kirche, der Städte und Ämter gebildet. Die Befugnisse des Herzogs reduzierten sich darauf, die Einkünfte aus seinen reichlich vorhandenen Gütern zu verprassen und bei den Ständen nachzusuchen, falls es doch noch an Geld mangelte. Ein Heer gab es nicht und Steuern nur im Notfall [16].

Mit den Jahren ging die Macht im Lande an zwei Ausschüsse über. Das Schulwesen lag ganz in den Händen der Kirche und fiel im Laufe der Zeit hinter die Erfordernisse zurück. Was blieb war eine unzureichend gebildete, bürgerlich-kirchliche Oligarchie, deren Horizont sich dank der ausgeprägten Vetternwirtschaft über Jahrhunderte hinweg nicht erweiterte.

Napoleons Auftreten in der Weltgeschichte gab dem Herzog Friedrich II. von Württemberg die Chance am 30. Dez. 1805 eine neue Verfassung zu erlassen, das Land zu vergrößern und sich mit der Königskrone zu schmücken [17]. Das Töchterlein Katharina wurde zur Ehe mit Jerome Napoleon gezwungen [18].

1814. Preußen und Russen erfochten sich den Weg nach Frankreich und der König von Württemberg war, seine Haut zu retten, mit von der Partie. König Friedrich I. in Absicht möglicher Verfassungs-Vorgaben durch den Wiener Kongreß zu unterlaufen rief zum 15. März 1815 den Landtag bestehend aus 50 Vertretern des Adels, vier Geistlichen, je einem Abgeordneten aus den 64 Oberämtern und den sieben (guten) Städten, ein. Der König verlas die Verfassung, wurde ausgelacht und ging nach Hause [19].

Geldgierig wie er war verlangte der die Auflösung der Ehe seiner Tochter mit Jerome Napoleon sowie deren gesamtes Vermögen. Die Tochter weigerte sich, wurde entführt, eingesperrt und mißhandelt, was dem Beliebtheitsgrad des Monarchen wie dem seiner Verfassungspläne in der Bevölkerung nicht zugute kam. Die Alternativen für die man in Württemberg stritt, puritanisch-evangelisch-bürgerliche Oligarchie oder Monarchie waren keine. Beide Seiten schienen nicht in der Lage eine zeitgemäße Verfassung zu vereinbaren, was den restaurativen Kräften in Deutschland zugute kam [20].
Der Rheinische Merkur schrieb: »Darum ihr Männer des Volkes im Lande Württemberg, erwägt wohl, wessen Ihr rathschlüßig werden wollt; ganz Teutschland hat seine Augen auf euch hingeheftet, sorgt daß Ihr wie bisher so sich fortan mit Ehre vor ihm besteht. Es gilt nicht einen Streit mit kräftig gewandter Fertigkeit ins Endlose auszuspinnen, nein so wie der Zweck erreicht, soll er geendigt seyn, sobald es mit rechter Fuge geschehen kann [21]

Metternich an Steigentesch nach Petersburg: »Württemberg durch seine unklugen Discussionen mit dem Landtage nützt der Sache der Revolution mehr als der Tugendbund selbst [22]« womit sich der österreichische Diplomatiker in seinem Vorhaben jeden gesellschaftlichen Fortschritt ersticken zu müssen bestätigt sah.

4½ Jahre nach der ersten Verfassungsvorlage des Königs, nahm die Ständeversammlung am 23.09.1819 einen von den gemäßigten Liberalen mitgetragenen Verfassungsvorschlag der Regierung des neuen Königs Wilhelm an [23].

Anders verhielt es sich in Sachsen-Weimar.

Karl August Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach.

Karl August Großherzog von Sachsen-Weimar und preußischer Offizier, Logenbruder Johann Wolfgang Goethes, Vater des Schwiegersohnes von Nikolaus (Bruder des Kaisers von Rußland Alexander I.) und Dienstherr des Freiherrn Ernst Christian August von Gersdorff, der auf dem Wiener Kongreß zu den engen Mitarbeitern Wilhelm von Humboldts zählte, verfügte als Sohn der Herzogin Anna Amalie zur Genüge über Klugheit und Geschick, seinem Staat eine Verfassung zu gewähren [24].

Die damit einhergehende Rede und Pressefreiheit wurde von den zumeist schwächeren Geistern seines Landes genutzt, wider die herrschenden Umstände und Autoritäten zu meckern. Professor Fries in der Nemesis bemühte sich eines gezügelten Tones, Hr. Martin im Neuen rheinischen Merkur eher nicht. Die Allgemeine Zeitung Nr. 244 vom 31.Aug. 1816 im Zusammenhang mit einem am 3. Aug. im Neuen rheinischen Merkur erschienen Aufsatz „Ein novellistisches Federballspiel“: »Der ganze Artikel aber ist in einem so gemeinen, pöbelhaften Tone abgefaßt, daß selbst der Herausgeber des Neuen rheinischen Merkurs, Hr. geh. Justizrath Martin, der doch übrigens die Allgemeine Zeitung, oder wenigstens deren würtembergischen Artikel, sehr oft zur Zielscheibe seiner Angriffe wählt, sich bewogen fand, in einer Note den sonderbaren Vorbehalt beizufügen:… «. Martin entschuldigt sich mit vielen Worten, der Artikel sei von drei weiteren Zeitungen übernommen worden, »ein drolliges Zusammentreffen in den Augen jedes,..« aus Anlaß eines durchaus leeren »Hirngespinst«.

Professor Oken verunglimpfte seiner Zeitung Isis Opfer neben einem inflationären Gebrauch von Superlativen mit stigmatisierenden Grafiken (Eselsköpfe, Gänse, Juden- und Pfaffenköpfe…).
Seine "Leser sollten den Sinn und den Unsinn der Zeit, die Würde wie die Petulanz kennen lernen; selbst die Grobheit, die Lüge und Verleumdung schloß er nicht aus und befahl den Angegriffenen im Voraus, sich nur literarisch zu rächen [25]."

Doch Auseinandersetzungen wurden besonders unter den aus den Befreiungskriegen zurückgekehrten Studenten nicht nur verbal ausgetragen. Tod und Elend der Schlachten haben der jugendliche Süße des Studentenseins den des Leichengeruchs beigemengt.
So wundert es nicht, daß Jena der Ort sein sollte, an dem am 12. Juni 1815 Studenten im Gasthaus »Grüne Tanne« ihre landsmannschaftlichen Fahnen niederlegten, um sich in der gesamtdeutschen »Burschenschaft« zu vereinen und daß ein asketischer Frauenfeind, Franzosenfresser, Lützowscher Jäger und altdeutscher Schwärmer in ungebleichtem Leinenrock Friedrich Ludwig Jahn Pate stand [26][27].

Das Herzogtum Nassau.

Während der napoleonischen Zeit stellten sich zwei der drei nassauischen Fürsten auf die Seite Napoleons und einer auf die Seite Englands. Letzterer (Dietz) wurde König der Niederlande. Die beiden anderen (Weilburg und Usingen) vereinigten ihre Kleinststaaten zum Herzogtum Nassau, das sich 1814 die erste deutsche Verfassung gab. Kein geringerer als der Freiherr vom Stein zählte zu seinen Autoren. Ein ganzer Schwall an Reformen wurde ins Werk gesetzt und alles ging gut, bis ein gewisser Metternich die Bühne betrat, dessen Abgesandter von Handel im Juni 1819 den Herzog Wilhelm den Einzigen bat, die Pressefreiheit und andere bürgerlichen Freiheiten aufzuheben. Herzog Wilhelm lehnte ab.

Dank eines passenden Zufalls erreichte Metternich doch noch sein Ziel. Am 1. Juli 1819 kam es zu einen Mordanschlag an dem nassauischen Regierungspräsidenten Ibll, einem der Väter der nassauischen Verfassung. Ibll überlebte, zog sich jedoch aus der Politik zurück. Marschall von Bieberstein hatte nun freies Feld und regierte, als ob es keinen Herzog gäbe, ganz nach dem Willen Metternichs.

Die Schmach, die erste Verfassung Deutschlands erlassen zu haben tilgte Marschall von Bieberstein, indem er dem Bundestag die Einrichtung der Mainzer Zentraluntersuchungskommission vorschlug. Nassau blieb tapfer auf Seiten Österreichs, bis Biberstein starb.

Bei aller Menschenfreundlichkeit des Herzogs mutet der nassauische Domänenstreit – indem es zwischen Herzog und Bevölkerung zu auseinanderlaufenden Auffassungen hinsichtlich der Frage kam, wie oft sich der Herzog für die Aufgabe der Leibeigenschaft entschädigen lassen dürfe und ob das auch für jene Ländereien gelte, die ihm bei Aufhebung der Leibeigenschaft gar nicht gehörten – doch etwas seltsam an [28] [29].

Anhang:

[A] Rheinischer Merkur Nr. 334 vom 24.11.1815:

»Jenes französische Kontinentalsystem hat die ganze frühere Politik Englands aus ihrem gewohnten Gleichgewicht herausgehoben, und die Sorge, die gefürchtete Erscheinung wiederkehren zu sehen, hat ihr die hülflose Abhängigkeit des festen Landes, besonders Teutschlands zur fixen Idee gemacht. Seine Feldherren, die in harten Kontinentalkriegen in denen sie mit Ehre bestanden ihrer Kraft freyen Spielraum geöffnet sahen, haben gekostet die Süfigkeit des Herrschers, und wie es sanfte thut, statt in der Heimath im Gegenstreben gleich gewogene Kräfte sich beschränkt zu sehen, unbeengt und ungehemmt durch die Macht jener militärischen Disziplinen und den blinden Gehorsam, den sie gebiethet, stolze Autokraten, zu regieren. Also hat die englische Politik ein militärisches Element in sich aufgenommen, das da will und unaufhörlich strebt, England zu einer Kontinentalmacht zu erheben, Kolonien auf dem festen Lande zu begründen, und da Teutschland ein anderes Indien, unter viele Rajahs vertheilt erscheint, und neben diesen seine Seiks und seine Maratten hat, es auch wie ein anderes Indien zu theilen und zu beherrschen räth.«

[B] Freiherr vom Stein am 2. Januar 1818 an den Geheimen Legationsrat Joh. Albr. Friedr. Eichhorn:

»Herr Dr. Schlosser wird E. H. dieses Schreiben überreichen und Ihnen von unseren ständischen Angelegenheiten sprechen, gegen deren Erfolg einheimische und ausländische Widersacher sich vereinigen. Diese erröten nicht, mit der frechsten Schamlosigkeit die Grundsätze des empörendsten Machiavellismus auszusprechen und zu verbreiten; die Bundesakte, sagen sie, verspricht zwar den Ländern Landstände, aber die Bestimmung des Zeitpunktes und der Art überläßt sie der Weisheit, d.h. der Willkür, der Regierungen, den Untertanen steht nur ein Erwartungsrecht zu, der Bund hat keine Befugnis, sie zu schützen, vielmehr ist er verpflichtet, wenn Unruhen entstehen, sie zu unterdrücken, ohne sich um die Merita causae, um den Grund der Beschwerden zu bekümmern.
Diese Grundsätze sprechen Fürst Metternich und Graf Rechberg aus, sie dienen zum Leitfaden des Benehmens der österreichischen und bayerischen Gesandten am Bund und an den deutschen Höfen, man versichert, Preußen und Hannover werde sich gleichfalls dazu bekennen.
Ich will es nicht untersuchen, ob ein Kabinett überhaupt und das österreichische insbesondere würdig und klug handle, zu solchen Sophistereien seine Zuflucht zu nehmen, aber standhaft und unablässig werde ich behaupten, daß sie für Preußen unanwendbar und durchaus verderblich sind [30]

[C] Heinrich von Treitschke:

»Kaum war Pius VII. in die ewige Stadt zurückgekehrt, so stellte er am 7. August 1814 durch die Bulle Sollicitudo omnium ecclesiarum den Jesuitenorden wieder her und las selber die Messe im Gesù, vor dem Altar des heiligen Ignatius, dort wo der Meißel Le Gros‘ den Triumph der Kirche über die Ketzerei in prahlerischen Bildwerken verherrlicht hat. Als ihn Czar Alexander nachträglich einlud der Heiligen Allianz beizutreten, wies der Papst die schwerlich ernsthaft gemeinte Zumuthung mit dem ganzen Stolze des rechtmäßigen Weltherrschers zurück. Bald nachher wurden auch die Inquisition und der Index der verbotenen Bücher wieder eingeführt, die Bibelgesellschaften für Teufelswerk erklärt [31]«.

Quellen:

[ 1] Obermann, Karl, Deutschland von 1813 bis 1849, Berlin 1976, S. 20
[ 2] Gall, Lothar, Hardenberg – Reformer und Staatsmann, München, Berlin 2016, S. 242
[ 3] Fenske, Hans, Freiherr vom Stein – Reformer und Moralist, Darmstadt 2012, S. 85
[ 4] Hrg.: Düring/Rudolf Texte zur deutschen Verfassungsgeschichte München 1996 S.11ff
[ 5] Aretin, Karl Otmar von, Vom Deutschen Reich zum Deutschen Bund, Göttingen 1980, S. 162f
[ 6] Clark, Christopher, Preußen – Aufstieg und Niedergang, München 2008, S. 449
[ 7] Burg, Peter, Der Wiener Kongreß, München 1984, S. 82f
[ 8] Obermann, Karl, a.a.O. S. 20
[ 9] Günzel, Klaus, Die Heilige Allianz, Die Zeit vom 28.09.1990
[10] Bleyer, Alexandra, Das System Metternich, Darmstadt 2014, S. 61
[11] Hg. Görres, Joseph, Rheinischer Merkur Nr. 357 1815
[12] Treitschke, Heinrich von, Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert Zweiter Theil, Leipzig 1882, S. 153
[13] Obermann, Karl, a.a.O., S. 42
[14] Seier, Helmut, zitiert nach Flemming, Jens, Ständehaus, Revolution und parlamentarische Traditionen in Kassel, Kassel 1999, S.12
[15] Pröve, Ralf, Stadtgemeindlicher Republikanismus und die „Macht des Volkes“, Göttingen 2000, S. 109f
[16] Treitschke, Heinrich von, a.a.O., S. 298
[17] Hg. Görres, Joseph, Rheinischer Merkur Nr. 211 21.03.1815
[18] Treitschke, Heinrich von, a.a.O., S. 304ff
[19] Hg. Görres, Joseph, Rheinischer Merkur Nr. 209 17.03.1815
[20] ebd. Ausgabe Nr. 230 vom 29.04.1815
[21] ebd. Ausgabe Nr. 338 vom 2.12.1815
[22] Zitat nach Treitschke, Heinrich von, a.a.O., S. 323
[23] Obermann, Karl, a.a.O., S. 45
[24] Treitschke, Heinrich von, a.a.O., S. 403f
[25] ebd. S. 408
[26] ebd. S. 314
[27] Schmitt, Peter-Philipp, Zu Jena auf der Tanne, FAZ 13.06.2015
[28] Zitat nach Treitschke, Heinrich von, a.a.O., S. 389ff
[29] www.de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/611444 aufgerufen am 30.10.2017
[30] Stein, Heinrich Fr. K. vom und zum, Lebenserinnerungen und Denkschriften, Hamburg 2017, S. 119f
[31] Treitschke, Heinrich von, a.a.O., S. 94