g-schichten.de
G-SCHICHTEN.DE

Die Schlacht bei Leipzig.

Napoleon bezog bei Leipzig eine für ihn vorteilhafte Stellung und wartete auf 30 000 französische Reservisten, die ihm Marschall Augereau zuführen sollte. Schwarzenberg marschierte mit seiner Armee wieder zurück durch das Erzgebierge und erreichte Anfang Oktober Zwickau und Chemnitz. Blücher und Bernadotte zogen, in der Absicht ihre Armeen mit der Böhmischen Armee zu vereinen, Schwarzenberg entgegen [1].

Um sich einen Überblick über Napoleons Stellung zu verschaffen, entsandte Schwarzenberg einen aus zwei Korps herausgelösten Trupp Reiter. Nahe Liebertwolkwitz trafen sie am 14. Okt. auf Marschall Joachim Murat, Napoleons Schwager und König von Neapel. Tollkühn warf der den preußischen und russischen Reitern alles entgegen, was er hatte, hielt die Stellung und vergeudete seine Kräfte [2].

Borkowsky bezeichnete die Schlacht bei Leipzig als Rivalität zwischen Genie und Stärke: »In der Tat findet die sachlich kriegswissenschaftliche Betrachtung auch hier in Napoleons Feldherrenkunst die Größe seines Schlachtengeistes wieder. Die Führung Schwarzenbergs hingegen hat noch kaum einen ernsthaften Anwalt geworben [3]«

Weder das Genie (Napoleon) noch der starke Schwarzenberg wußten wo Blücher und Bernadotte steckten.

Dessen ungeachtet plante Napoleon Blücher im Norden durch Ney abzuwehren und mit der Hauptmacht Schwarzenberg im Süden zu schlagen. Hierfür standen dem französischen Kaiser 180 000 Mann und 700 Geschütze zur Verfügung.
Auch Schwarzenberg entwarf einen Schlachtplan, der den drei anwesenden Monarchen genehm war: ein massierter Angriff mit 200 000 Mann östlich der Pleiße und wenn das nicht reicht hätte man noch die von General Benningsen herangeführte Verstärkung von 60 000 Mann.

Am 16. Okt. um 9.00 Uhr eröffnete Schwarzenberg mit drei Kanonenschüssen die Völkerschlacht bei Leipzig. Die russischen Korps und die Preußen unter Kleist rückten südlich von Leipzig, nahe Wachau, vor, gerieten in massiven Artilleriebeschuß und mußten, dezimiert, anschließend dem nachsetzenden Napoleon weichen. Piantowsky zu Napoleons Rechten wehrte die Angriffe der von Meerveldt geführten Österreicher ab und vermochte sogar den österreichischen General Meerveldt in Gefangenschaft zu nehmen [4].
Im Westen von Leipzig gelang es Bertrand die von Gyulay geführten Österreicher abzuwehren [5].

Gebhard Leberecht von Blücher

 
Feldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher

Wo war Blücher? Jenseits von Genie und Stärke nagelte Blücher die französischen Korps von Marmont und Souham – von Napoleon vorgesehen als die Reserven, mit denen er die Schlacht im Süden Leipzigs entscheiden wollte – nördlich von Leipzig fest und rettete Schwarzenberg vor einem zweiten Dresden [6]. Marmont hatte sich in Möckern verschanzt. Die Preußen mußten Haus um Haus erobern. Yorcks verlustreiche wie unermüdliche Angriffe brachten keinen Erfolg. Die Verlustrate betrug 40%, fast alle Offiziere wurden verletzt [7]. Als ein Munitionswagen der Franzosen infolge des preußischen Beschusses in die Luft flog, führte das in den französischen Reihen zu einer Verwirrung, die die kurzentschlossenen Preußen durch einen beherzten Kavallerieangriff für sich ausnutzten und Möckern nahmen [8].

Am 17. Oktober, einem Sonntag, schwiegen die Waffen. General Reynier stieß mit dem VII. Franz. Armeekorps (darunter zwei sächsische Divisionen mit zusammen 15 000 Mann) bis Leipzig vor und brachte dem Kaiser eine dringend benötige Verstärkung [9].
Blücher wußte von keiner Kampfpause und drängte beharrlich in zähem Kampf Ney über Göhlis und Eutritzsch bis an die Tore Leipzigs nach Pfaffendorf zurück [10].

Napoleon hatte den gefangenen österreichischen General Meerveldt zu Schwarzenberg entsandt, um das Angebot eines Waffenstillstands zu übermitteln.
Als Napoleon den auf Ehrenwort entsandte Meerveldt wenige Minuten nach Ausbleiben seiner Rückkehr abschreiben mußte, betrachtete er sein Waffenstillstandsangebot als abgelehnt und befahl Bertrand den Weg nach Westen über Lützen und Weißenfels freizuhalten.
Schwarzenberg entsandte 100 000 Mann und 100 Kanonen vorsichtshalber nach Osten. Schließlich wollte man sicherstellen, daß Napoleon so schnell wie möglich Sachsen verließ, um einer vollständigen Annexion Sachsens durch Preußen vorzubauen.

Mit seiner gewaltigen Übermacht gelang es Schwarzenberg auch am 18. Okt. nicht, Napoleon, der scheinbar unerschütterlich die Linie Connewitz – Probsheida verteidigte, den entscheidenden Schlag zu versetzen [11].

Bernadotte hatte bislang seine Nordarmee geschont, was ihn nicht davon abhielt Blücher vorschreiben zu wollen, wie der seine Schlesische Armee zu verwenden habe [12]. Für den 18. vereinbarte man ein Zusammenwirken beider Armeen. Nach Blüchers Sieg in Möckern fürchtete Bernadotte um seinen Lorbeer.
Blücher selbst ließ Bernadotte Bernadotte sein und sicherte sich die Unterstützung des von General Bülow befehligten preußischen Heeresteiles der Nordarmee. Dieser konnte Blücher zudem versprechen, daß auch General von Winzingerode mit den russischen Einheiten der Nordarmee an der Partie teilnehmen werde [13].
Am Morgen des 18. begann das Gefecht an der Parthe. Ney, Marmont und Souham verteidigten ihre Stellungen in dem sumpfigen Gebiet mit großem Geschick. Als Blücher bemerkte, daß die Kämpfe abflauten, die Franzosen Soldaten abzogen um den anschwellenden Kampf gegen Schwarzenberg im Süden Leipzigs, bei Probstheida, zu unterstützen [14], platzte Blücher der Kragen und er ließ Bernadotte durch Breitenfeldt erneut eine Einladung zu Stelldichein überbringen, die ihrem Charme nach, jenes, der am Vortag übersandten Ordre de Bataille, in nichts nachstand:

»Wenn der Hund von Zigeiner nicht sofort erscheint, so muß ihn das heilig Kreuz Granaden Bomben Donnerwetter klein schlachen. Blücher «

Der schwedische Kronprinz ließ sich sein strahlendweißes Pferd bringen, zog seinen goldverschnürten Samtmantel an, setzte den mit einem blau-gelben Federbusch geschmückten Hut auf, schnappte sich den mit der schwedischen Krone verzierten Marschallstab und setzte sich in Bewegung [15].
Schneller jedoch waren Bülow mit dem preußischen Korps der Nordarmee und von Sacken mit dem russischen Korps der Schlesischen Armee. Gemeinsam trieben sie die Franzosen von Norden bzw. Nordosten her hinter die Stadtmauern Leipzigs. Im Osten griff der russische General Beningsen in die Kämpfe ein.

In der Nacht zum 19. Okt. zog Napoleon auch seine südl. und östl. vor Leipzig gelegenen Einheiten zurück.
Macdonald verteidigte von den frühen Morgenstunden an die Stadt gegen die Verbündeten. Durch drei Tore zogen sich die Franzosen in die Stadt zurück um sie durch das vierte wieder zu verlassen. In der Stadt herrschte ein grauenhaftes Chaos. Die Straßen waren versperrt durch Wägen und Geschütze, die Soldaten stiegen über die im Weg liegenden Toten und Verwundeten, durch Blut und Dreck. Die frühzeitige Sprengung der Elsterbrücke verwehrte zehntausenden Soldaten die Möglichkeit des Abzuges.

Gegen 11:00 Uhr verabschiedete sich Napoleon und verließ die Stadt. Am späten Morgen begannen die Verbündeten Leipzig zu stürmen. Als erster erfocht sich Blüchers Armee den Zugang durch das Hallesche Tor. Bülow rückte im Osten durch das Grimmaische Tor vor.
Benningsen drängte durch das Peterstor im Süden. In den Straßen wurde gekämpft, weniger mit Kugeln als mit Bajonett und Kolben. Am frühen Nachmittag war das Schlachten vorbei [16].

Schwarzenberg ließ Napoleon mit 80 000 Mann entkommen. Der König von Sachsen wurde gefangen genommen. Blücher, zum Leidwesen Schwarzenbergs, ganz Marschall Vorwärts, war nicht zu bremsen und blieb den Franzosen auf den Fersen. Zwischen Lützen und Weißenfels wurde Marschall Blücher vom Prinzen Wilhelm von Preußen eingeholt und erhielt die Ernennung zum Feldmarschall.
Bei Schlüchtern am Vogelsberg überbrachte ein Kurier Schwarzenbergs den Befehl, nicht in die alte Kaiserstadt Frankfurt einzuziehen (die Habsburger wollten keinen Zweifel daran lassen, wer die Anwartschaft auf den deutsche Kaiserthron gepachtet hatte). Blücher mußte stattdessen einen Umweg über Gießen machen. Napoleon behauptete sich in der Schlacht bei Hanau und überquerte bei Mainz den Rhein [17].

Quellen:

[ 1] Borkowsky, Ernst, Deutscher Frühling 1813, Berlin 1912, S. 186
[ 2] Seewald, Berthold Sinnlos opfert Napoleons Marschall seine Reserve in Die Welt vom 14.10.2013
[ 3] Borkowsky, Ernst, a.a.O. S. 289
[ 4] Platthaus, Andreas, 1813 Völkerschlacht und Ende der alten Welt Hamburg 2013, S. 144
[ 5] Borkowsky, Ernst, a.a.O. S. 290f
[ 6] Platthaus, Andreas, a.a.O. S. 138f
[ 7] Varnhagen von Ense, Fürst Blücher von Wahlstatt, Wolfenbüttel 2016, S. 172
[ 8] Wittje, G., Die wichtigsten Schlachten, Belagerungen und beschanzten Lager vom Jahre 1708 bis 1855, Leipzig/Heidelberg 1861, S. 204f
[ 9] Platthaus, Andreas, a.a.O. S. 108
[10] Borkowsky, Ernst, a.a.O., S. 292
[11] ebd. S. 293
[12] Platthaus, Andreas, a.a.O., S. 101f
[13] Varnhagen von Ense a.a.O., S. 178
[14] ebd. S. 180f
[15] Borkowsky, Ernst, a.a.O., S. 295
[16] ebd. S. 296ff
[17] ebd. S. 299f