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Deutsch-Texaner.

Nach den Napoleonischen Kriegen kam es vor allem im Südwesten von Deutschland zu Mißernten und Massenarmut. Hinzu kamen die durch Metternich umgesetzte Restauration und die mit ihr einhergehende „Demagogenverfolgung“, für viele Menschen ein Anlaß das Glück im Ausland zu suchen.

Zwischen 1820 und 1830 trieb es 90% aller Auswanderer nach Nordamerika, die meisten von ihnen fanden in Michigan, Ohio, Missouri, in North Dakota und Nebraska eine neue Heimat [ 1].

Einige der Auswanderer verschlug es nach Texas.

So auch Friedrich Diercks aus dem Ghzm. Oldenburg. 1831 erwarb Diercks, der sich fortan Johann Friedrich Ernst nannte im Austin County ein Grundstück von 1618 ha (4000 acres). Durch seine, vor alem in der damaligen nord­deutschen Presse, veröffentlichten Amerika-Briefe vermochte es Ernst, die ersten Siedler aus Oldenburg, Westfahlen und Schleswig auf den Weg nach Texas zu bringen.

Texas gehörte bis 1836 zu Mexiko, das 1821 seine Unabhängigkeit von Spanien erlangte und sich fortan um angloamerikanische Einwanderer bemühte. Als der Texas zugestandene Grad an Autonomie durch die mexikanischen Regierung unter Präsident A. López de Santa Anna eingeschränkt wurde, führte dies 1835 zum Aufstand der Texaner, der 1836 mit der Unabhängigkeit Texas‘ endete [ 2].

Nassaus Schutzverein.

In Nassau führten eine verbesserte Hygene und die Maßnahmen zur Eindämmung des Kindbettfiebers zum Anstieg der Geburtenrate. Folgen des so entstandenen Bevölkerungswachstums waren, in den landwirtschaftlich wenig ertragreichen Gebieten, zu denen große Teile des Hzm. Nassau zählten, Hunger und Not.

Eine Möglichkeit der wachsenden Verelendung entgegenzuwirken schuf der am 20.04.1842 im Biebricher Schloß (bis 1842 Residenz des Herzogs von Nassau) gegründete Verein deutscher Fürsten, Grafen und Herren zum Schutz deutscher Auswanderer in Texas (kurz Adels-, Schutz- oder Texasverein genannt).

Erster Zweck des Vereins war gemäß der Statuten vom 23. März »die Verbesserung des Zustandes der unter Arbeitslosigkeit leidenden arbeitenden Klasse, hierdurch Verminderung des Pauperismus« durch Förderung der Auswanderung [ 3].

Herzog Adolf von Nassau stellte dem Verein die nicht unbeträchtliche Summe von 100 000 Gulden aus seiner Privatschatulle zur Verfügung [ 4].
Der Adelsverein erwarb Ländereien in Texas und unterstützte die Auswanderer soweit es in seiner Macht stand. Zwischen 1844 und 1847 sollten 7380 Menschen nach Texas auswandern. Manche starben auf der Überfahrt, viele an den in Texas grasierenden Epidemien, einem Großteil von ihnen gelang es trotz allem, in Texas Fuß zu fassen.

Unter ihnen befand sich, kein Armer, der Vertreter des Schutzvereins in Texas, der in Dillenburg geborene Freiherr Otfried Hans von Meusebach (1812 – 1897) der sich in seiner neuen Heimat John O. Meusebach nennen sollte. Mit den Auswanderungswilligen aus 34 Gemeinden des Dillkreises zog es ihn in die neue Welt.

Meusebach gilt als Gründer von Fredericksburg (eine weitere bedeutsame Gründung des Schutzvereins war New Braunfels). Fredericksburg ist unter den Freunden des Westerns bekannt durch Film und Fernsehen, da dort am 9. Mai 1847 Meusebach und die Führer der Comanchen einen Vertrag unterzeichneten, in dem die Comanchen zusicherten, auf ihren Kriegszügen gegenüber den deutschen Siedlern den Frieden zu wahren. Als Gegenleistung erhielten sie u.a. Geld und die Zusicherung, die deutschen Siedlungsgebieten ungehindert passieren zu dürfen.

Das Abkommen von Fredericksburg ging als Meusebach-Comanche Treaty in die texanische Geschichte ein. 1851 wurde Meusebach in den texanischen Senat gewählt und spielte in der Regierng keine unbedeutende Rolle [ 5].

Zur gleichen Zeit fand auch Henry Castro, ein Elsässer, seinen Weg nach Texas und mit ihm 2000 deutschsprechende Landsleute. Hier und andernorts fand auch der eine oder andere Freidenker seinen Weg in die neue Welt.

Der überwiegende Teil der deutschstämmigen Texaner, die die schwierige Anfangszeit überlebt hatten, betrieb Farmen, wenige waren Händler, einige Lehrer und einzelne Hochschuldozenten. Sie gehörten dem Mittelstand an, oftmals gläubige Protestanten oder nur froh, dem Hunger und den Repressionen in ihren Herkunftsländern entkommen zu sein [ 6].

Kein Wunder…

In dem Film Django Unchained findet sich eine schwarze Sklavin, die in deutscher Sprache redet. Viele schwarze Texaner sprachen Mitte des 19. Jahrhunderts deutsch, weil die überwiegende Mehrheit der deutschstämmigen die Sklaverei und die Unterdrückung von Minderheiten mit ihrer christlichen Moral nicht vereinbaren konnten. Auch den ehemaligen Hungerleider aus dem Westerwald hinderten keine Standesdünkel, mit dem dunkelhäutigen Zeitgenossen einen Plausch zu halten und der wiederum wußte dies Vergnügen einer Normalität zu schätzen, indem er die deutsche Sprache annahm [ 7]. Es sei daran erinnert, daß aus Deutschland eingewanderte Wiedertäufer und Quäker bereits 1688 in Germantown (Pennsilvania, USA) eine Resolution zur Abschaffung der Slaverei und zur Gleich­behandlung der Schwarzen auf deutsch und holländisch abgefaßt hatten [ 8 ].

Auch kein Wunder…

Der aus dem Ghzm Hessen stammende Ferdinand Simon unterzeichnete seinen Einwanderungs-Vertrag mit dem Schutzverein im Jahre 1845. Er erwarb damit ein Grundstück von 65 ha (160 acres) im County San Antonio, bestellte seine Felder erfolgreich, vergrößerte seinen Besitz um ein Mehrfaches und hatte zunächst wenig mit den angloamerikanischen Texanern zu tun.

Am 29.12.1845 trat Texas den USA bei. Es folgte der Mexikanisch-Amerikanische Krieg 1846-48 und 1861 der Sezessionskrieg an dem Texas auf Seiten der Konföderierten Staaten (Südstaaten) teilnahm. Die Mehrheit der Deutschen war gegen den Beitritt Texas zur Konförderation gewesen und hatte ihre Meinung u.a. in San Antonio’s Zeitung auch zum Ausdruck gebracht.

Schon 1861 bildete sich die Hill Country Union Loyal League, deren pazifistische Grundausrichtung sie ab dem 8. Mai 1862, als alle tauglichen Männer dazu verpflichtet wurden, für die Konföderierten, d.h. für den Erhalt der Sklaverei in den Krieg zu ziehen, zu Verbrechern machte.

Bereits im April 1862 zogen Abteilungen der Konföderierten Armee unter dem Befehl von Captain James Duff aus, die texanischen Männer in die Armee der Konföderierten zu zwingen und die Unterstützer der Union (Nordstaaten) unschädlich zu machen.

Einige Mitglieder der Hill Country Union Loyal League beschloß nun über die mexikanische Grenze zu fliehen, ein Schiff nach New Orleans zu nehmen, den Pazifismus über Board zu werfen und sich der Armee der Union anzuschließen.

Unter ihnen befanden sich Jacob Kuechler, Major Fritz Tegener und auch Ferdinand Simon, der nicht erwog, dem Krieg auf seiner mittlerweile mehr als 300 ha großen Farm ungefährdet zuzusehen.

Am 10. Aug. 1862 wurden die unionstreuen Deutsch-Texaner von einer Konföderiertenabteilung gestellt. Im Gefecht wurden 19 von ihnen getötet, andere wurden gefangen genommen und am Nueces River hingerichtet.

Die Überreste der Opfer dieses Massakers wurden später geborgen und in Comfort (Texas) beigesetzt. Ein 1866 errichtetes Monument wurde 130 Jahre später erneuert und über den Namen der Opfer steht in deutscher Sprache zu lesen:

»Treue der Union«.

Als Deutscher vermag man sich Dank der Denkmäler in Stein und Kino, die die Deutsch-Texaner durch ihr Wirken für universale Rechte verdient haben, das eigene gleich gerichtete Bestreben unmittelbarer wieder zu finden, weil die Inschrift in deutscher Sprache abgefaßt wurde und weil die in Quentin Tarantinos Film „Dschango Unchained“ auf­tretende Sklavin deutsch gesprochen hat.

Das Wunder.

Ferdinand Simon hatte Glück, er wurde verwundet, konnte zunächst ent­kom­men, wurde dann aber doch gefangen genommen und zum Tote verurteilt. Das Kriegsende bewahrte ihn vor der Vollstreckung des Urteils [ 9 ].

Quellen:
 
[ 1] Rudolf/Oswalt, TaschenAtlas Deutsche Geschichte, Gotha 2006, S. 163f
[ 2] Brockhaus, Texas. http://brockhaus.de/ecs/enzy/article/texas, aufgerufen am 17.04.2021
[ 3] Weimar, Erhard in Limburg-Weilburg – Beiträge zur Geschichte des Kreises, Limburg 1986, S. 211
[ 4] ebd.
[ 5] www.revisionist.net/hysteria/texas-germans.html
[ 6] Jordan, Terry G., Germans auf www.tshaonline.org/handbook/entries/germans, aufgerufen am 17.04.2021
[ 7] Smiljanic, Mirko, Warum schwarze Sklavinnen und Sklaven Deutsch lernten unter www.deutschlandfunk.de/ us-amerikanische-geschichte-warum-schwarze-sklavinnen-und, aufgerufen am 17.04.2021
[ 8] www.meetinghouse.info, Stand: 9.6.2023
[ 9] www.save-texas-history/treue-der-union-glo-records-of-the-german-texans-­in-the-nueces-massacre, Stand: 9.6.2023

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