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Blücher setzt nach.

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Ein preußischer Hauch von Roß und Mann.

Das erste was Blücher in seiner Laufbahn lernte war Nachsetzen. Die Schlacht um Belle Alliance (Waterloo) war vorbei, der Pulverdampf noch nicht abgezogen, als Blücher Gneisenau befahl, mit »dem letzten Hauch von Roß und Mann« nachzusetzen. Das sich zunächst geordnet zurückziehende Heer Napoleons wurde bei Genappe um 11:00 Uhr nachts eingeholt. Das folgende Scharmützel trieb die Franzosen zur heillosen Flucht. Geschütze und Pulverwagen wurden zurückgelassen. Unter der Beute befand sich auch die Kutsche Napoleons, samt Hut, Mantel, Degen und Orden, Geld, Silber und Edelsteine. Blücher teilte die Beute auf. Den Hut nahm er wegen des feinen Filzes als Schlafmütze. Degen und Orden Napoleons gingen als Siegeszeichen an den König von Preußen. Der schnöde Rest ging an die Soldaten [ 1][ 2].

Grouchy, der mit seinem Corps Thielemann auf den Leib gerückt war, seinem Auftrag Blücher zu verfolgen nicht nachgekommen war, und dessen Fernbleiben bei Waterloo Napoleons Galle den Rest gegeben hatte, wurde auch von Blücher nicht vergessen. Pirch sollte mit seinem Heeresteil nach Sombref gehen, dem noch bei Wavre stehenden Grouchy den Rückzug nach Frankreich abzuschneiden [ 3][ 4].

Am frühen morgen schreibt Blücher an General von Knesebeck [ 5]:

mein Freund
Die Schönste Schlagt ist schlagen. Der
herligste Sieg ist er fochten. Das Detaille
wird er vollgen, ich denke die Bonopartsche
geschigte ist nun wohl ziemlig zu ende.
La Bellealliance den 19. frühe.
Ich kann nicht mehr Schreiben, den
ich zittre an alle gliedern,
die anstrengung war zu groß.
Blücher

Blücher geht mit dem Hauptquartier nach Merbes-le-Chateau, schreibt seine Berichte über die geschlagenen Schlachten, entsendet Boten zum König und läßt eine Bekanntmachung veröffentlichen in der er sich bei den Belgiern für ihre Gastfreundschaft bedankt und für die durch das preußische Heer verursachten Härten entschuldigt [ 6].

Napoleon zog mit den Trümmern seiner Armee nach Charleroy, nannte Laon als Sammelplatz und verschwand nach Paris. Grouchy traf bei seinem Rückzug auf Pirch und zeigt sich diesem überlegen. Pirch und der nachrückende Thielemann ließen von Grouchy ab, um sich mit dem preußischen Hauptheer zu vereinen [ 7]. Wellington zog mit seinem Heer nach Chateau-Cambresis, um am 23. im nahen Chatillon-sur-Sambre mit Blücher das weitere Vorgehen zu verabreden [ 8].

Kleist sollte von Trier her nachrücken, der preußische Vortrab sollte mit Hilfe niederländischer Reiter den Franzosen in Laon und Soissons ein Täuschungsmanöver liefern; wichtige Festungen sollten besetzt werden und Blücher selbst würde nach Paris ziehen. Kaum daß der Plan zu Ausführung kam, erhielt Blücher am 24. ein Schreiben des franz. Generals Mezieres, in dem er um Frieden nachsuchte, da Napoleon in Paris dem Thron zugunsten
seines Sohnes, des von seiner Mutter Marie Louise von Habsburg-Lothringen in Wien treu umsorgten, Napoleon Franz entsagt habe. Blücher weigerte sich, sich im Wettlauf zwischen Hase und Igel geschlagen zu geben und zog weiter [ 9][10].

Das sich in Laon und Soisson sammelnde französische Heer fühlte sich übergangen und folgte, bedrängt von Zieten und Thielemann, Blücher auf seinem Weg nach Paris. Grouchy schloß mit seinen beiden Corps auf und verstärkte die Franzosen nicht unerheblich.
Am 29. erreichte Blücher die von Napoleon gut organisierte Verteidigungs von Paris. Zusammen mit den Nationalgarden standen den noch 60000 Mann starken Preußen 100000 Franzosen gegenüber. Wellington war noch zwei Tagesmärsche entfernt [11][12].

Paris.

Der französische Oberbefehlshaber Marschall Davoust informierte Blücher, daß mit dem Thronverzicht Napoleons der Kriegsgrund abhanden gekommen sei und – wer hätte es gedacht – Österreich einem Waffenstillstand bereits zugestimmt habe. Der kleine Napoleon Franz hätte gejubelt, nicht aber Feldmarschall Blücher:

»Mein Herr Marschall! Es ist irrig, daß zwischen den verbündeten Mächten und Frankreich alle Ursachen zum Kriege aufgehört, weil Napoleon dem Thron entsagt habe [… ] Ich mache Ihnen Herr Marschall übrigens bemerklich, wenn Sie mit uns unterhandeln wollen, es sonderbar ist, daß Sie unsere mit Briefen und Aufträgen gesendeten Offiziere gegen das Völkerrecht zurückhalten. In den gewöhnlichen Formen übereinkömmlicher Höflichkeit habe ich die Ehre mich zu nennen, Herr Marschall, Ihr dienstwilliger Diener Blücher«

.

Spaßeshalber ließ Blücher seinen Brief an Davoust in deutscher Sprache abfassen [13].
Am 30. Juni beriet der Feldmarschall mit seinem Freund Wellington das weitere Vorgehen: Der Lord hielt sich zurück, um den Franzosen Zeit zu geben, „sich an den künftigen Herrscher Ludwig XVIII. zu gewöhnen“ und Blücher besetzte die Brücke von Saint-Germain, um den Franzosen Zeit zu geben, sich an ihre republikanischen Ideale zu erinnern.

Blücher wechselt auf das linke Ufer der Seine, um Paris von Westen her anzugreifen. Wellington stand im Norden der Stadt und die langsam eintreffenden Russen und Bayern im Osten. Alle bei den Preußen um Waffenstillstand ansuchenden Delegationen der Franzosen wurden an Wellington verwiesen. Wellington verhandelte und Blücher ließ seine Armee vorrücken. Nachdem die Preußen Issy besetzt hatten, wurde am 2. Juli Vandamme gegen sie in Marsch gesetzt, um durch einen billigen Sieg die Verhandlungsposition der Franzosen zu verbessern. Daraus wurde nichts.
Die Angriffe Vandammes wurden nach heftigen Kämpfen abgewehrt und die Preußen gingen weiter vor[14][15].
Am 3. Juli um 7 Uhr morgens stellte die französische Artillerie ihr Feuer ein und General Revest suchte gegen Übergabe der Stadt, um Waffenstillstand nach. Blücher willigte ein und bat Wellington den Verhandlungen, um die Übergabe der Stadt beizuwohnen [16].

Eine Abordnung der obersten Staatsbehörden Frankreichs (Generalstabs-Chef Gr. Guilleminot, Seine-Präfect Bondy und Minister Bignon) fand sich bei Blücher ein. Der Feldmarschall empfing die Herren, sitzend, im Qualm seiner Pfeife, weder geneigt in die Formen der verschlungenen französischen, noch in die Nebel der englischen Diplomatie zu geraten. Das Heer der Franzosen mußte sich hinter die Loire zurückziehen, um keinen Einfluß auf die politischen Verhandlungen nehmen zu können. Die Preußen würden Quartier in Paris nehmen und die geraubten Kunst- und Kulturgüter müßten zurückgegeben werden. Mit einer detaillierteren Ausarbeitung beauftragte Blücher den General von Müffling und Wellington Oberst Hervey. Der Vertrag wurde noch am selben Tag von der französischen Seite und den Oberbefehlshabern unterzeichnet [17][18][19].

Das Tempo in dem Blücher den Sieg errungen hatte, verschaffte dem Haudegen einen kleinen Vorsprung vor den Diplomatikern, den er zu nutzen suchte. Die in Deutschland von den Franzosen geraubten Kulturschätze wurden Knall auf Fall abtransportiert. Die Güter der Bonarpartisten wurden enteignet und versteigert. Die Stadt Paris wurde mit einer Kriegssteuer von 100 Millionen Franken belegt und die Teilnehmer an der Schlacht von Belle-Alliance erhielten eine Belohnung in Höhe des doppelten Monatssoldes [20]. Dann kamen die Diplomaten, von denen Blücher sagte:

Diese Leute sind in der Welt zu gar nichts nutze, wollen nur immer gut essen und trinken und das ist gewöhnlich noch das Beste, was sie tun.

In die englische Geschichtsschreibung jedoch hielt, anläßlich eines Essens, zu dem Wellington auch die Diplomaten eingeladen hatte, Blüchers Toast Einzug:» Mögen die Federn der Diplomaten nicht wieder verderben, was durch die Schwerter mit so vieler Anstrengung gewonnen worden [21]«.
Nur wenigen gelang es den alten Helden zu verblüffen. Wilhelm von Humboldt gehört dazu. Auf Blüchers Anwürfe gegen die Diplomaten, deren der angesprochene Humboldt selbst einer war, und wie man ihnen begegnen sollte, fragte Humboldt zurück: »…ob die Keule oder der Stossdegen die bessere Waffe sei [22] Man unterschied sich lediglich in der Wahl der Waffen.

Bis zum Abschluß des Freidensvertrages blieben die Alliierten Truppen in Frankreich stehen. Preußen besetzte den nördlichen und westlichen Teil Frankreichs. Feldmarschall Blücher, mit Ehrenbezeugungen eh schon überhäuft, erhielt den Blücherstern, einen Orden einzig zu seinen Ehren gestiftet. Die City of London ließ ihm einen Ehrensäbel mit goldenem Griff und kostbaren Verzierungen durch einen britischen Offizier überbringen, der Kaiser von Rußland verlieh ihm den St. Andreas-Orden in Brillanten und Ende Oktober ging es zurück nach Preußen.

Napoleon flüchtete in Erwartung dort Asyl zu erhalten auf ein in Rochefort liegendes britisches Kriegsschiff. Er hatte vor das Exil in den USA zu verbringen. Sein getreuer Marschall Grouchy sollte ihn begleiten, landete aber im Gegensatz zu seinem Herrn, der auf St. Helena strandete, tatsächlich in den USA [23]. Ob ihm diese Gnade erwiesen worden wäre, wenn er den Weg nach Waterloo gefunden haben würde, bleibt dahingestellt.
In Frankreich regierte wieder Ludwig XVIII. Bis auf kleinere Korrekturen blieb das franz. Territorium in den Grenzen von 1796 erhalten.

Quellen:

[ 1] Varnhagen von Ense, Fürst Blücher von Wahlstatt, Wolfenbüttel 2016 (Nachdruck der Originalausgabe von 1912), S. 307
[ 2] Wigger, Friedrich, Feldmarschall Fürst Blücher von Wahlstatt, Schwerin 1892, S. 198
[ 3] Varnhagen von Ense, a.a.O. S. 388
[ 4] Wigger, Friedrich, a.a.O. S. 256
[ 5] Varnhagen von Ense, a.a.O. S. 336f
[ 6] Varnhagen von Ense, a.a.O. S. 340
[ 7] ebd. S. 342
[ 8] ebd. S. 343
[ 9] ebd. S. 343f
[10] Wigger, Friedrich, a.a.O. S. 258
[11] Varnhagen von Ense, a.a.O. S. 344
[12] Wigger, Friedrich, a.a.O. S. 262
[13] ebd. S. 264
[14] ebd. S. 265f
[15] Gneisenau/Marston, The Life and Campaigns of Field-Marshal Prince Blücher of Wahlstatt, London 1815, S. 426
[16] Lettow-Vorbeck, Oscar von, Geschichte der Befreiungskriege 1813-1815 Bnd. 1, Berlin 1904, S. 122f
[17] Varnhagen von Ense, a.a.O. S. 350
[18] Wigger, Friedrich, a.a.O. S. 266f
[19] Gneisenau/Marston, a.a.O. S. 427
[20] Varnhagen von Ense, a.a.O. S. 351
[21] ebd. S. 355
[22] Wigger, Friedrich, a.a.O. S. 271
[23] Fenske, Hans, Freiherr vom Stein – Reformer und Moralist, Darmstadt 2012, S. 89