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Friedrich Wilhelm I. König in Preußen (1713 bis 1740).



 
»...als mein seeliger Vater starb 1713 fand ich ein durch die Menschen- und Rinderpest fast ausgestorbenes Land Preußen vor. Die meisten Domänen waren verpfändet und in Erbpacht. Ich mußte sie alle wieder auslösen und die Finanzen waren in einem solch schlechten Zustand, dass ein Bankrott bevorstand... es war ein rechtes Meisterstück als ich nach 9 Jahren bis 1722 die wirtschaftl. Affären in gute Ordnung und Verfassung brachte... »
 

Noch 50 Jahre nach Kriegsende litt Deutschland an den Folgen des 30 jährigen Krieges!

König Friedrich Wilhelm I. (der Soldatenkönig) erteilte Instruktionen, die er seinem Nachfolger - lieber Successor genannt - zur Orientierung dienen sollten. Der Nachfolger war Friedrich II. (der Große). Diesem wird angeraten, ein gottseeliges, reines Leben und Wandel zu führen, seinem Land und der Armee mit gutem Beispiel voran zu gehen, nicht zu Saufen und zu Fressen, was Ursache unzüchtigen Lebens sei. Es sollte weiterhin dafür sorgen dass in seinen Ländern kein Theather, keine Oper, kein Balett weder Maskeraden noch Redouten geduldet werden, denn dies seien die Brutstätten von Gottlosigkeit und Teufeleien.

Friedrich Wilhelm I. gehörte der reformierten Kirche und orientierte sich an deren vergleichsweise strengem Regelwerk.

Konsolidierung von Staat und Macht durch einen ordnenden Prakmatismus.

1648 endete der schlimmste aller Kriege, der 30 Jährige Krieg. Amoral, Vergnügungssucht, Zügellosigkeit und Gewaltexzesse waren an der Tagesordnung. Es wurde einerseits gefoltert und gemordet, andernseits, solange es noch ging, gefressen, gesoffen und gehurt. Niemand war sich sicher, den nächsten Tag zu überleben!

So unbequem die Ordnung war, die Friedrich Wilhelm I. seinen Untertanen aufzwängte, sie vermittelte Stabilität und Sicherheit nach einer Zeit von Unsicherheit, Gewalt und Rechtlosigkeit. Dass sich der König selbst dieser Ordnung unterwarf, unterscheidet ihn von den meisten Herrschern seiner Zeit; dass er eines der mächtigsten Heere unterhielt, entsprang keiner Tollheit, sondern rationalen Erwägungen.

Ein Souverän ist nicht souverän wenn er Schmeichlern auf den Leim geht.

Der liebe Successor habe sich vor Schmeichlern (frz.: flatteurs) und allen zu hüten, die ihm nach dem Munde reden. Sie verstrickten den König in Machenschaften, die ihm, wie seinem Lande und seiner Armee schadeten. Die Schmeichler müßten unverblümt abgewiesen werden. Die Menschen aber die bei der Wahrheit blieben, sind des Königs Freunde und die, die ihn lieb haben.

Man erinnere Friedrich II. der Friedrich Wilhelm von Seydlitz' Befehlsverweigerung in der Schlacht von Zorndorf 1758 geringer wertete als die Siege, die er seinem General verdankte. Dem Successor Friedrich Wilhelm I. galt gleich seinem Vater der praktische Nutzen viel, die für Schmeicheleien empfindsame Eitelkeit wenig.

König Friedrich Wilhelm I. erkannte, dass Autorität nicht auf der Protzerei und Imponiergehabe beruht und empfahl auch deshalb seinem Nachfolger, die Staatsfinanzen selbst zu verwalten und das Oberkommando in der Armee selbst zu führen. Lohn und Sold von Civilangestellten und Soldaten lagen im Ermessen des Königs. Die Höhe des Einkommens war vom Urteil des Königs abhängig. Die Autorität entsprang der Abhängigkeit einerseits, andererseits aber auch inwieweit das Urteil des Königs als ein gerechtes empfunden wurde. Und hier orientierte sich der König nicht an den Ratschlägen seiner Beamten sondern an den 10 Geboten.

Preußen first.

Preußen sei ein schönes und großes Land, sehr fruchtbar und die Bevölkerung wegen der ausgebildeten Fertigkeiten gut zu gebrauchen. Allerdings sei die Nation falsch und listig, vermöchte aber mit einem guten Wort gewonnen zu werden.

Die von Friedrich Wilhelm I. im Kgr. Preußen (weitgehend identisch mit dem späteren Ostpreußen) durchgeführte Reform der Grundsteuer, des Generalhufen, wurde von Friedrich II., seinem lieben Successor, beibehalten und auf Westpreußen ausgedehnt. Sie ersetzte den Landeskasten, eine Vielzahl von Einzelsteuern die von Delegierten des Adels (Landräten und Ritter) eingezogen und verwaltet wurde. Der Generalhufen wurde vom König verwaltet, was ihm allerlei Streitigkeiten ums Geld mit dem Adel ersparte.

So wie er seine Abhängigkeiten im Innern reduzierte, suchte er auch die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Ausland zu verringern. Sein Nachfolger solle die Errichtung von Manufakturen fördern und den Import von Prdukten verbieten, die im Inland hergestellt werden konnten.

Dem Nachfolger empfahl er seine Länder und Provinzen jährlich zu bereisen. So lerne er Armee, Land wie Leute kennen und erhalte einen Überblick inwieweit die initiierten Verbesserungen der Domänen, um höhere Erlöse zu erzielen, ohne die Untertanen stärker zu belasten, umgesetzt wurden.

Die Armee ist die Schule der Nation, d.h. sie ist essentiell für die Herausbildung einer nationalen Idendität. Friedrich Wilhelm I. ließ sich über seine Vasallen im einzelnen aus und beschied u.a. den Klewern Holland oder den Kaiser mehr zu respektieren als Preußen. So riet denn der Soldatenkönig dem Nachfolger, die Offiziere und Unteroffizieren im eigenen Land zu rekrutieren. Deren Bindung an König und Land förderten ihre Zuverlässigkeit und steigerten ihre Kampfmoral. Andererseits empfahl er Gesuche um Erlaubnis einer Anstellung in ausländischen Armeen nur in Ausnahmefällen zu bewilligen.

Der König selbst führte Bilanz, d.h. er selbst stellte für Staats- und Kriegskasse Bilanzen mit Soll und Haben auf, die sich von der gegenwärtigen Buchhaltung kaum unterscheiden. Er gehörte nicht zu den Regenten, die ihre schwindende Bedeutung durch Protzbauten und Intrigen kompensiert. Friedrich Wilhelm betrachtete die Ursachen und beugte dem vor, indem er sich Kompetenzen (wie in der Buchhaltung) aneignete, fähige und loyale Beamten förderte, inkompetente und illoyale Beamten kalt stellte oder ersetzte.

Er ließ sich nicht beirren und warnte seinen Nachfolger, sich um die, nach seinem Tod zweifellos aufkommende, Unruhe unter den Beamten nicht zu kümmern. Diese würden sich in der Rivalität zueinander gegenseitig bezichtigen, Staatsgelder veruntreut zu haben. Diesen Anschuldigungen nachzugehen, bedeute die Aufmerksamkeit von den gegenwärtigen Verhältnissen abzuwenden, aussichtslos im Trüben zu fischen und Gefahr zu laufen, die gerade stattfindenden Betrügereien nicht zu bemerken.

Religion.

Für Friedrich Wilhelm I. war es wichtig, dass die Menschen unterschiedlicher Religion in Frieden miteinander lebten. Er empfahl Reformierte und Lutheraner gleich zu achten. Kirchen und Schulen sollten gebaut werden und wie man weiß, hielt sich Friedrich II. was die Schulen anbelangte an diese Instruktion. Die vom Kurfürsten Friedrich Wilhelm zugesagten Mittel für die zugewanderten Franzosen (Hugenotten) und Flüchtlinge sollten weiter erfolgen, da besonders die Franzosen die Mittel erfolgreich zum Aufbau und Betrieb von Manufakturen verwendeten und ein Gutteil des Geldes wieder in die Staatskasse flöße.

Für Katholiken und Juden hatte der König keine Sympathien. Die katholische Kirche müsse gemäß dem Westfählischen Frieden toleriert werden. Jesuiten hätten allerdings im Lande nichts zu suchen. Juden, denen er keinen Schutzbrief ausgestellt hatte, wollte der Soldatenkönig nicht in seinem Lande haben. Sie hätten Jesus Christus verraten und verdürben die Christen.

Mit Preußen immer - gegen Preußen nimmer.

Friedrich Wilhelm I. hatte eine schlagkräftige Armee geschaffen, warnte aber sie zur Eroberung von Gebieten zu nutzen, »auf die die Preußen keinen Anspruch gelten machen konnten: und fanget niemahlen ein ungerechten Krig an - aber wozu Ihr recht habet da laßet nicht ab - denn gerechte sache wierdt euch Gott gewiß sehgenen« Es gelte die Armee weiterhin zu stärken, sie zusammen zu halten und nicht aufzuspalten. Preußen sollte die Fähigkeit erlangen, dass sein militärisches Gewicht den Ausschlag in den Konflikten der anderen europäischen Mächte gab.

Beim Schmieden von Allianzen sollte der Successor vorsichtig sein: Allianzen nur wenn unbedingt notwendig im Interesse des Landes liegend und nur in einer Weise die Gottes Wort nicht widersprach. Mit dem Kaiser von Rußland müßte eine auf Dauer angelegte Freundschaft und Allianz kultiviert werden. Dies und eine starke Armee garantierten Preußens Handlungsfreiheit.

Kritisch beurteilte der König die Beziehungen zu Schweden. Keine Allianzen, keinen Krieg. Es gelte die Schweden in Furcht zu halten. Keine Allianz mit Frankreich oder gegen Frankreich. Gleich welche Allianz Preußen wähle, sie würde ihm zum Nachteil gereichen

Kriegsetat mit Überschuß

...und so präsentierte voller Stolz Friedrich Wilhelm I. seinem Successor im Anhang seiner Instructionen die folgende Bilianz :

„Generalkriegsetat vom ersten Junii 1722 bis letzten Mai 1722“
 
Summe der Einnahmen...........................  3078 905 Rthlr. 13 Gr.
Summe der Ausgaben   ...........................  2816 902    "     12   "
Für Extraordinärausgaben blieben bei diesem
Etat..............................................................262 003 Rthlr.   1 Gr.

Einschränkend bemerkte der Soldatenkönig, dass mit keinem Gewinn zu rechnen sei, marschiere die Armee ins Ausland.

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Anmerkungen:

Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen beschrieb 1668 das Leben der Landsknechte im 30 Järigen Krieg:

Hunger und Durst, auch Hitz und Kält,
Arbeit und Armut, wie es fällt,
Gewalttat, Ungerechtigkeit,
Treiben wir Landsknecht allezeit.

„Diese Reimen waren um so viel desto weniger erlogen, weil sie mit ihren Werken übereinstimmten, denn fressen und saufen, Hunger und Durst leiden, huren und buben, raßlen und spielen, schlemmen und demmen, morden und wieder ermordet werden, totschlagen und wieder zu Tod geschlagen werden, tribulieren und wieder gedrillt werden, jagen und wieder gejaget werden, ängstigen und wieder geängstiget werden, rauben und wieder beraubt werden, plündern und wieder geplündert werden, sich fürchten und wieder gefürchtet werden, Jammer anstellen und wieder jämmerlich leiden, schlagen und wieder geschlagen werden; und in Summa nur verderben und beschädigen und hingegen wieder verderbt und beschädigt werden, war ihr ganzes Tun und Wesen; woran sie sich weder Winter noch Sommer, weder Schnee noch Eis, weder Hitz noch Kält, weder Regen noch Wind, weder Berg noch Tal, weder Felder noch Morast, weder Gräben, Päß, Meer, Mauren, Wasser, Feuer, noch Wälle, weder Vater noch Mutter, Brüder und Schwestern, weder Gefahr ihrer eigenen Leiber, Seelen und Gewissen, ja weder Verlust des Lebens, noch des Himmels, oder sonst einzig anderer Ding, wie das Namen haben mag, verhindern ließen: sondern sie weberten in ihren Werken immer emsig fort, bis sie endlich nach und nach in Schlachten, Belagerungen, Stürmen, Feldzügen, und in den Quartieren selbsten (so doch der Soldaten irdische Paradeis sind, sonderlich wenn sie fette Bauren antreffen), umkamen, starben, verdarben, und krepierten; bis auf etlich wenige, die in ihrem Alter, wenn sie nicht wacker geschunden und gestohlen hatten, die allerbesten Bettler und Landstörzer abgaben.“

Quellen:

♦ Hg.: Königl. Akademie der Wissenschaften, Acta Borussica - Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens, Dritter Band, Berlin 1901, S. 441ff
♦ Grimmelshausen, Hans Jakob Christoph von, Der abentheuerliche Simplicissimus, Zürich 1969, S. 60f

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